Abstrakte Struktur

Bildgenerierung mit KI – mit dem passenden Prompt die Basis schaffen

Seit letztem Jahr wurden mehr als 15 Milliarden Bilder mit Hilfe von Text-zu-Bild-Algorithmen erstellt und seit dem Start von DALLE-2 erstellen Menschen durchschnittlich 34 Millionen Bilder pro Tag. KI-Bildgeneratoren – es ist schwierig, eine genaue Anzahl zu nennen, da die Entwicklung und Veröffentlichung solcher Systeme kontinuierlich stattfindet und sich die Landschaft der KI-Technologie ständig verändert. Es gibt zahlreiche KI-Modelle und Algorithmen, die für die Generierung von Bildern verwendet werden können, darunter Generative Adversarial Networks (GANs), Variational Autoencoders (VAEs), und viele weitere.

Bildgenerierung mit KI – Anbieter sind beispielsweise Midjourney StyleGAN und StyleGAN2 von NVIDIA, DALL-E von OpenAI oder BigGAN. Zusätzlich zu diesen bekannteren Modellen gibt es eine Vielzahl von weiteren oder spezialisierten Modellen, die von Forschern und Entwicklern auf der ganzen Welt erstellt wurden. Bei meinen Recherchen und Tests bin ich auf DeepDream gestoßen. Ursprünglich von Google entwickelt, wird DeepDream verwendet, um Bilder zu verfremden und ihnen ein halluzinatorisches Aussehen zu verleihen. Neben DALL-E bzw. Bing Image Creator habe ich mit DeepDream gute Erfahrungen gemacht. Einfach zu bedienen guten und interessante Ergebnisse mit ausreichender Bildqualität.

Figur im Stil von Giacometti

Meine Ansatz: Die Skizze per KI erzeugen und darauf basierend weiterverarbeiten

Mein Idee war in erster Linie mit KI-Bildgeneratoren zu experimentieren, um eigene Erfahrungswerte zu sammeln, und zudem eine Bewertung der Entwicklung aus einer kreativen Perspektive. Mir ging und geht es nicht darum, KI für meine kreative Arbeit gezielt zu nutzen, sondern darum, die Potentiale aber auch die Grenzen zu ermitteln. Im aktuellen Experiment wollte ich ein perspektivische Vorlage bzw. Skizze erzeugen für die anschließende grafische Weiterverarbeitung im Gestaltungsprozess. Dabei hatte ich eine klare Vorstellung vom Ergebnis. Der Prompt sollte eine surreale und gleichzeitig minimalistisch Botschaft enthalten, die ich in einer meiner alten Zeichnungen sah (Abb. links) – eine Zeichnung, die ohne Vorlage aus dem Spontanen heraus entstanden war.

So entstand mein Prompt: Eine Figur mit langen dünnen Armen und Beinen und einem langgezogenen Kopf läuft eine Straße entlang. Die Person ist weder männlich noch weiblich und entfernt sich vom Bildbetrachter.

Im Zuge meiner Experimente wollte ich auch verstehen, wie KI-Bildgeneratoren funktionieren und an welcher Stelle ich Einschränkungen erfahre.

Wie funktionieren KI-Bildgeneratoren

Ein KI-Bildgenerator verwendet in der Regel ein tiefes neuronales Netzwerk, um Bilder zu generieren. Hier ist eine grundlegende Erklärung, wie ein solcher Generator typischerweise funktioniert:

Architektur des neuronalen Netzwerks: Der Bildgenerator basiert oft auf einer bestimmten Architektur wie einem Generative Adversarial Network (GAN), einem Variational Autoencoder (VAE) oder ähnlichen Modellen. Diese Modelle haben verschiedene Schichten von Neuronen, die in bestimmten Mustern miteinander verbunden sind.

Lernprozess: Das neuronale Netzwerk wird mit einer großen Menge von Trainingsdaten gefüttert, typischerweise mit einer Vielzahl von Bildern. Diese Bilder können zufällige Muster enthalten oder spezifische Kategorien von Bildern repräsentieren, je nachdem, wofür der Generator entwickelt wurde.

Generierung neuer Bilder: Nachdem das neuronale Netzwerk trainiert wurde, kann es verwendet werden, um neue Bilder zu generieren. Dies geschieht typischerweise, indem zufällige Vektoren als Eingabe in das Netzwerk eingegeben werden, und das Netzwerk erzeugt dann ein Bild, das auf diesen Eingaben basiert.

Feinabstimmung und Optimierung: Der Prozess der Bildgenerierung kann durch verschiedene Techniken optimiert und verfeinert werden. Dazu gehören beispielsweise die Anpassung der Netzwerkparameter, das Hinzufügen von Regularisierungstechniken zur Vermeidung von Überanpassung und das Feintuning spezifischer Schichten des Netzwerks.

Ausgabe: Das Ergebnis des Generierungsprozesses ist ein Bild, das entweder als statisches Bild oder als Teil einer Sequenz von Bildern ausgegeben werden kann, je nach den Anforderungen der Anwendung.

Vereinfacht gesagt: Es werden Millionen oder Milliarden von Bild-Text-Paaren verwendet, um ein neuronales Netz (im Grunde ein sehr ausgefallener Computeralgorithmus, der dem menschlichen Gehirn nachempfunden ist) darauf zu trainieren, was Dinge sind. Durch die Verarbeitung nahezu unzähliger Bilder lernt es, was Hunde, die Farbe Rot, Stile und alles andere sind.

Der nächste Schritt ist das eigentliche Rendern des von der KI erzeugten Bildes. Die neueste Generation von KI-Bildgeneratoren verwendet dazu einen Prozess namens Diffusion. Im Wesentlichen beginnen sie mit einem zufälligen Rauschfeld und verarbeiten es dann in einer Reihe von Schritten so, dass es ihrer Interpretation der Eingabeaufforderung entspricht. Es ist, als würde man in einen wolkenverhangenen Himmel schauen, eine Wolke finden, die wie ein Hund aussieht, und dann mit den Fingern schnippen, um sie immer hundeähnlicher zu machen.

Gestalterisches Experimentieren mit Künstlicher Intelligenz

Ich habe meinen Prompt an DALL-E 2, Adobe Firefly, DreamStudio (Stable Diffusion) sowie Bing Image Creator (DALL-E 3) und Deep Dream Generator übergeben. Die Ergebnisse lagen teilweise sehr eng beieinander (siehe Abb. unten), wobei ich im Falle von DreamStudio über einen Aspekt gestolpert bin, der eine der Grenzen von KI-Bildgeneratoren unterstreicht. Image was flagged as inappropriate hieß es plötzlich. Die KI hatte entschieden, dass drei der erzeugten Bilder unangemessen sind. Ich bezweifle zwar, dass die drei weichgezeichneten Versionen sich groß von der akzeptierten Version unterscheiden, aber eine Sache wird deutlich: KI-Bildgeneratoren schränken teilweise ein, wenn es um kontroverse oder kritische Gestaltung geht. Der Algorithmus prüft jeden Prompt mit Blick auf die Content Policy und entscheidet, ob ein Bild generiert werden darf oder nicht. Ob man das jetzt als eine Form von Zensur bezeichnen kann, sei jedem selbst überlassen. Wenn ein Mensch Stift und Papier oder andere Werzeuge anwendet, um etwas zu visualisieren, gibt es nur die eigenen Vorstellungskraft als Grenze. Kreative Freiheit, Provokation oder andere Aspekte – der Mensch kann mit entsprechenden Werkzeugen, seinem Können und seiner Vorstellungskraft jede Art von Kreation realisieren – sei sie noch so kontrovers oder verstörend. Die KI-Plattformen schränken dies ein, unterscheiden sich aber auch in dem, was sie zulassen. DreamStudio hat den Prompt A gloomy portrait of Vladimir Putin with falling bombs in the background zugelassen, DALL-E nicht.

Meine Herangehensweise bei der grafischen Umsetzung

Ich wende gerne einen Ansatz an, der das Digitale und das Analoge kombiniert, wobei ich mit verschiedenen Zwischenstadien experimentiere – ab und an erzeugt der Zufall unerwartet eine spannende Version einer Grafik, die ich dann im Prozess weiterverarbeite.

Prompt: Im ersten Schritt habe ich die KI-Bildgeneratoren mit meinem Prompt gefüttert und verschiedene Versionen erzeugen lassen. Die Ergebnisse der einzelnen Plattformen ähnelten sich tatsächlich. Natürlich wirken sie an einigen Stellen verstörend, aber mir ging es vorwiegend um die Körperhaltung ansich; der Stil hatte keinerlei Relevanz.

KI Bildgenerator
KI Bildgenerator
KI-Bildgenerator
Version 3
KI Bild dürre Person
Version2
Version 3
723956_A figure with long, thin arms and legs and an elon_xl-1024-v1-0
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Shadow

Pixel-Bild: Dann habe ich einen Schritt angewendet, bei dem ich die Einstellungen der Auflösung eines Bildes missbrauche. Konkret heißt das, dass ich ein Bild in einem Grafikprogramm lade, dann ändere ich die aktuelle Auflösung von 72 dpi auf 10 dpi. Das bedeutet, dass pro Inch 10 Dots / Pixel erzeugt werden, keine 72. Ich verpixel das Bild bewusst. Dann zoome ich am Bildschirm heran und mache einen Screenshot von dieser Darstellung. Das Ergebnis sieht dann wie folgt aus.

Vektorisierung: Der nächste Schritt ist ein Grafikprozess aus Adobe Illustrator. Ich lade den Screenshot als Bild in Adobe Illustrator, einem vektorbasierenden Grafikprogramm, und vektorisiere das Bild. Illustrator erfasst alle Flächen mit dem Werkzeug Bildnachzeichner und erzeugt Vektoren aus den Pixeln. Über die Pfadeinstellungen kann ich das Ergebnis beeinflussen.

Analoges Verarbeiten: Der Vorteil der Vektorisierung ist, dass aus der eher geringen Auflösung des KI-Bildes eine beliebig skalierbare Vektorgrafik wird. Diese drucke ich anschließend Schwarz-Weiss aus und nutze die Kopierfunktion meines Druckers. Ich kopiere den Ausdruck auf ein gutes Zeichenpapier, wobei der Kopiervorgang eigentlich wie ein Druck mit reduzierter Qualität ist. Über diesen Weg erhalte ich eine Körnung und eine Struktur, bei dem das Analoge des Papiers hervorgehoben wird. Diese Version scanne ich dann ein und bereinige sie minimal.

Das Ergebnis aus dem gestalterischen Prozess

Experimentieren: Der fertige Scan wird dann in Adobe Photoshop geladen und freigestellt (Hintergrund entfernen), damit ich nur die Figur als Element nutzen kann, die Struktur des Papiers aber in der Figur enthalten bleibt. Die Weiterverarbeitung erfolgte dann in der App Procreate auf dem iPad Pro. Hier habe ich mit digitalem Pinsel (Brush) und dem Übereinanderlegen von Ebenen Versionen erzeugt, die ich als Endergebnis sehe.

Für mich ist das der erste Prozess, da ich in einem zweiten Prozess die Ergebnisse als Vorlage für eine analoge Skizze und Zeichnung nutzen will. Was kann ich aus dem, was jetzt vorliegt, machen und inwieweit hat die KI mir am Schluss geholfen, etwas Neues zu erschaffen?

KI-Bildgenerator als Basis
KI-Bildgenerator als Basis
KI-Bildgenerator als Basis
V1y
V1-good
V1-blanc
V1
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Shadow
Bildgenerierung mit KI als Experiment
Versionen

Die besten KI-Bild-Generatoren

Mit dieser Überschrift werben so viele Seiten und zeigen dann in ihren Prompt-Beispielen gefühlt die gleichen Bilder. Tiere, Portraits und Landschaften. Schwächen haben alle Plattformen zur Bildgenerierung mit KI, seien es:

  • Unförmige Hände mit zu langen oder kurzen, dicken oder dünnen, fehlenden oder zusätzlichen Fingern.
  • Zu perfekte glatte Haut ohne Falten oder Unregelmäßigkeiten.
  • Unnatürliche Belichtung oder falsche Schatten.
  • Zu kontraststarke Bildstimmung und unruige Strukturen

Es gibt meines Erachtens nicht die besten KI-Bildgeneratoren. Je nach Vorstellung und Zweck muss man selber testen und die Ergebnisse für sich bewerten. Wer kein Abo abschließen will, muss Einschränkungen hinnehmen. Das oft bereitgestellte Bildformat 1:1 reicht für Social Media aus, nicht aber für Webseiten-Header oder gar für Druckerzeugnisse. Adobe Firefly bietet ohne Kosten verschiedene Formate inklusive 16:9 und eine gute bis sehr gute Auflösung. Auch DALL-E und Midjourney bieten gute Qualität und verschiedene Formate, allerdings nur im Abo.

Mein Tipp: Das Kombinieren aus erzeugten Bildern und die Bearbeitung in einem Grafikprogramm. So erhält man ein nutzbares und individuelles Ergebnis, das Mehrwert hat. Warum nicht eine Collage aus einzelnen Elementen und folglich eine auffällige Komposition.

Fazit Bildgenerierung mit KI

Künstliche Intelligenz und KI-Bildgeneratoren – die Meinungen gehen auseinander und gerade die Kreativwelt steht der Entwicklung eher skeptisch gegenüber. Wer als Grafikdesigner, Illustrator, Musiker oder Autor sein Geld verdient, der macht sich Sorgen um seine Zukunft und um seine Einnahmen. Meine Meinung ist, dass die menschliche kreative Leistung und professionelle Kreativarbeit immer ihren Stellenwert haben wird. Trotzdem muss man sich mit der Materie auseinandersetzen – frei nach dem Motto „Kenne deinen Feind“.

Eine Sache empfinde ich als extrem störend: Bei fast allen Anbietern zur Bildgenerierung mit KI kommt man ohne eine Registrierung nicht weit und es stehen nur eine begrenzte Menge Prompts kostenfrei zur Verfügung – dann heißt es Warten oder Credits einkaufen bzw. ein Abo abschließen. Midjourney weist nach einer Registrierung direkt darauf hin, dass wegen hoher Auslastung die Nutzung nur noch mit einem Abo möglich ist. OpenAI verlangt ebenso ein Abo für die Nutzung von DALL-E 3, bietet aber noch kostenlosen Zugriff auf DALL-E 2, was meines Erachtens für Experimente ausreicht. DALL-E 3 kann man über Bing Image Designer nutzen.

Meine Empfehlung: Ausprobieren und je nach Anforderung genau überlegen, ob Prompten das benötigte Ergebnis liefert. Ein(e) Illustrator:in ist ein Profi, der saubere, individuelle und auf den Auftrag abgestimmte optimale Ergebnisse liefert.

KI Kunst

KI-Kunst und KI-Bildgeneratoren – Fluch oder Segen?

„Ich bin der einzige Künstler, den die Natur kopiert.“ Abgesehen von seiner Arroganz und seiner Überheblichkeit, die in diesem Zitat zum Ausdruck kommen, war der spanische Maler, Grafiker, Schriftsteller, Bildhauer und Bühnenbildner Salvador Dalí einer der Hauptvertreter des Surrealismus und zählt zu den bekanntesten Malern des 20. Jahrhunderts. Etwas über 30 Jahre nach seinem Tod benennt das KI-Unternehmen OpenAI seine KI-Plattform zur Bildgenerierung DALL-E nach ihm. Der Name ist ein Kofferwort aus dem kleinen animierten Roboter Wall-E aus dem gleichnamigen Film und dem berühmten spanischen Surrealisten. Aber was hätte Dalí dazu gesagt? Was hätte er über die vielen generierten Bilder gesagt? Das vom französischen Dichter André Breton erschaffene „Surrealistischen Manifest“ von 1924 plädierte für eine ungehemmte Ausdrucksweise, die sich aus den unwillkürlichen Mechanismen des Geistes, insbesondere den Träumen, ableitet, und forderte die Künstler auf, die unerforschten Tiefen der Vorstellungskraft mit radikalen neuen Methoden und visuellen Formen zu erkunden. Diese reichten von abstrakten „automatischen“ Zeichnungen über hyperrealistische, von Träumen und Alpträumen inspirierte gemalte Szenen bis hin zu unheimlichen Kombinationen von Materialien und Objekten. Ob es der Name Dalí, seine Person, das Manifest oder die Kombination aus allem war – OpenAI unterstreicht durch den Namen DALL-E die Möglichkeiten, die Ergebnisse und indirekt auch die Relevanz der KI-Plattform. Doch ist das nicht auch etwas überheblich? Manch ein per KI-Bildgeneratoren generiertes Bild wirkt surreal, manch eines verstörend, viele wiederum beliebig. Mit Surrealismus hat das meines Erachtens wenig zu tun. Wie viele der generierten Bilder sind Datenmüll und verbrauchen nur unnötig Energie, welche Auswirkungen hat die Entwicklung von KI auf die Kunst und andere Kreativbereiche? Kann KI Kunst? Ich werfe einen ersten persönlichen Rückblick auf die Entwicklung.

Midjourney, DALL-E, Bing Image-Creator, Nightcafé – um an dieser Stelle einige der bekannten KI-Bildgeneratoren zu nennen. Die Liste wächst stetig und auch Adobe hat mit Adobe Firefly eine Plattform ins Leben gerufen, die mit dem richtigen Prompt erstaunlich gute Ergebnisse liefert. Perspektiven, Farben, Kontraste und Stile können per Klick geändert werden und erzeugen in Sekunden eine passende Bildkomposition. Die nachträgliche Bearbeitung in Photoshop ermöglicht das Modifizieren und Erweitern der Ergebnisse ebenso per Prompt direkt in der Anwendung. Objekte sind in Sekunden freigestellt und mit einem gewünschten Hintergrund versehen. Ein Kampagnenmotiv, ein Mailingheader, ein Social Media-Beitragsbild oder andere visuelle Elemente sind so in kürzester Zeit erzeugt. Über die Qualität der Ergebnisse lässt sich streiten, hier gehen die Meinungen auseinander, und welche KI Plattform für welchen Fall bessere Ergebnisse liefert, hängt meines Erachtens von den jeweiligen Anforderungen und dem Einsatz (Digital / Druck) ab. Farben, Kontraste, Details, Stil oder Maße bzw. Auflösung. In einem weiteren Beitrag werde ich mit den Plattformen experimentieren und auf die Ergebnisse eingehen.

Ein oft angesprochener Aspekt sind die Leidtragenden Grafikdesigner, Illustratoren oder Fotografen – alle schreien auf, weil Plattformen wie Midjouney Millionen von urhebergeschützen Bildern als Datenbasis nutzen.

Das Urheberrecht an Bildern steht grundsätzlich demjenigen zu, der sie erstellt hat – im Rahmen der KI, kommen hier mehrere Berechtigte in Frage, die KI selbst, der Betreiber (Entwickler) des KI-Bildgenerators oder der Nutzer, der den Input und die Vorgaben macht, so dass die KI nur Werkzeug des Nutzers oder auch Betreibers ist. Fest steht – die KI kann selbst und isoliert betrachtet keine urheberrechtlich geschützten Werken hervorbringen. Das Urheberrecht sieht als Voraussetzung für den Schutz vor, dass das Werk eine persönliche geistige Schöpfung ist, also von einer natürlichen Person geschaffen wurde. Die Rolle der Personen, deren Bilder ggf. als Basis dienten, ist ein ungeklärter Aspekt. Die Bild-KI Stable Diffusion wurde an unzähligen Fotos trainiert. Der Stock-Anbieter Getty Images sieht darin eine Urheberrechtsverletzung und zieht vor Gericht. Adobe wiederum sagt: Das erste Firefly-Modell wird anhand von mehreren Hundert Millionen hochauflösenden Bildern aus Adobe Stock, offen lizenzierten Inhalten und gemeinfreien Inhalten trainiert, die nicht mehr urheberrechtlich geschützt sind. Das heißt: Mit Firefly generierte Inhalte dürfen für gewerbliche Zwecke genutzt werden.

Komponieren, malen, schreiben – Kann KI Kunst?

Illustrationen, Fotos, Grafiken oder Szenerien generieren – das kann per Prompt auch der Laie und Nicht-Grafiker ohne Grafikprogramme. Aber wie sieht es mit der Kunst aus? Kann KI Kunst? In Frankreich komponierte ein neuronales Netz, dem Forscher*innen 45 Beatles-Songs als Datengrundlage gegeben hatten, eigenständig Daddy’s Car, einen Song ganz im Stile der Bandkomponisten John Lennon und Paul McCartney. Im Oktober 2018 erzielte Edmund de Belamy, ein von einer KI generiertes Gemälde, bei einer Auktion des New Yorker Auktionshauses Christie’s den Rekordpreis von 432.500 US-Dollar. In Tübingen entwickelte ein Team um den Neurowissenschaftler Matthias Bethge eine KI-Software, die die Werke großer Maler analysiert und reproduziert. Die Frage, die ich mir stelle: Ist die menschliche Kreativität im Bereich Gestaltung, Kreation und Komposition bald überflüssig? Was macht Kunst so besonders, dass die KI hier an ihre Grenzen kommt.

Der Maler Jackson Pollok mit seinem Spitznamen „Jack the Dripper“

Jackson Pollock. Vor einem seiner Bilder stehend betrachte ich die Farbe, wie sie mit ihrer Struktur sich von der Leinwand abhebt. Jedes seiner Bilder strahlt für mich Energie, Emotion und gleichzeitig eine besondere Art der Komposition aus. Ich stehe davor und stelle mir den berühmten abstraken Expressionisten vor, wie er sich tänzelnd über seine auf dem Boden liegende Leinwand bewegt. Natürlich spielt die Geschichte zu seiner Person eine zentrale Rolle, wenn es um die Begeisterung für den Maler Jackson Pollock geht – aber im Kern geht es um seine Werke, die heute für Millionenbeträge den Besitzer wechseln und die die abstrakte Malerei maßgeblich beeinflusst haben.

Meine erste Jackson Pollock Ausstellung war für mich fast wie für andere das erste Konzert ihrer Lieblingsband. Glücksgefühle, Aufregung, Begeisterung – Emotionen über alle Sinnesorgane. Die Begeisterung für sein Werk als Maler und gleichzeitig für seine emotionsgeladene Geschichte nimmt mich so sehr mit, dass ich jedes Mal ein Kribbeln im Bauch spüre, wenn ich vor einem seiner Bilder stehe. Es ist eine Begeisterung, die ich garantiert mit vielen Menschen teile und ja – hätte ich die nötigen finanziellen Mittel und den Platz an den Wänden, würde ich eines seiner Bilder versuchen käuflich zu erwerben. Ich könnte die besondere Magie seiner Malerei jeden Tag sehen, wahrnehmen und sogar ertasten, da kein pflichtbewusster Museumwärter mich davon abhalten kann.

Jackson Pollock Signatur
Signatur Jackson Pollock

Drip-Painting: Action Painting als Stilrichtung

1947 kam Jackson Pollock zu einer neuen Technik, die ihm internationalen Ruhm einbrachte. Seine Methode bestand darin, verdünnte Emaillefarbe auf eine ungespannte Leinwand zu schleudern und zu tropfen, die auf dem Boden seines Ateliers lag. Diese direkte, körperliche Auseinandersetzung mit seinen Materialien ließ Schwerkraft, Geschwindigkeit und Improvisation in den künstlerischen Prozess einfließen und erlaubte es der Linie und der Farbe, für sich allein zu stehen und völlig unabhängig von der Form zu funktionieren. So wurde Pollock bekannt mit der von ihm begründeten Stilrichtung des Action Painting. Seine im Drip-Painting-Verfahren angefertigten großformatigen Werke brachten ihm bereits zu Lebzeiten den Spitznamen „Jack the Dripper“ ein.

Corey D’Augustine stellt die Technik vor

Jackson Pollock litt an schwerem Alkoholismus und wachsenden Depressionen, sodass er professionelle Hilfe in Anspruch nehmen musste. Bereits kurz nach seiner Entlassung aus einer Klinik erlitt er einen weiteren Zusammenbruch und er begann eine Behandlung bei Dr. Joseph Henderson, der Zeichnungen und andere Bilder in seiner Therapie verwendete. Dadurch lernte Pollock, seine Kunst zu nutzen, um sein innerstes Selbst auszudrücken, als Mittel zur Behandlung seiner schweren Depression. Pollocks Bilder wurden nun zutiefst persönlich, denn er betrachtete ihre Ausführung als „Selbstfindung. Jeder Künstler malt, was er ist. Der moderne Künstler arbeitet mit Raum und Zeit und drückt seine Gefühle aus, anstatt zu illustrieren“.

Liebe, Hass, Zorn, Freude, Trauer, Enttäuschung, Angst – Emotionen als Impulsgeber

Und das ist es, was Kunst aus meiner Sicht (unter anderem) ausmacht. Es sind die Emotionen – die Emotionen der Person, die das Werk erschafft und die Emotionen der Person, die das Werk wahrnimmt. Es sind Erfahrungen, Erlebnisse, Gefühle, die in Worten, Melodien, Farben, Formen oder Bewegungen ihren Ausdruck finden.

Dazu muss man erwähnen, dass es keine klare Definition für den Begriff Emotion gibt. So heißt es in einem Beitrag: Manche Forscher definieren Emotionen als körperliche Reaktionen, die sich im stammesgeschichtlichen Kampf ums Überleben entwickelt haben, andere als mentale Zustände, die einsetzen, wenn das Gehirn körperliche Reaktionen (oder neuronale Zustände) repräsentiert. Für manche sind unbewußte Impulse entscheidend, für andere dagegen bewußte Bewertungen und Klassifikationen. Manche halten körperliche Reaktionen für irrelevant und meinen, Emotionen spielen sich ausschließlich im Gehirn ab, andere sehen sie als Formen des Handelns oder Redens oder sogar als soziale Konstrukte, die sich nicht in Individuen ereignen, sondern gleichsam zwischen ihnen.

Natürlich kann man in Frage stellen, ob bei der Gestaltung eines Kampagnenmotives Emotionen in die Arbeit einfließen – wenn, dann ist es erfahrungsgemäß eher Frust und Wut, die eine Rolle spielen. Doch die kreative Leistung einer Person wird beeinflusst durch sein Können und je nach Situation auch durch seinen emotionalen Zustand.

Kreativität ist eine Eigenschaft, die dem Menschen zuzuordnen ist – noch. Die Psychologie des kreativen Prozesses, so heißt es besteht in einer dynamischen „Neuformierung von Informationen“. Psychologisch hängt dieser Prozess von folgenden Grundbedingungen ab: Begabung, Wissen, Motivation, Persönlichkeit. Persönlichkeitseigenschaften spielen hier eine zentrale Rolle: Offenheit für neue Erfahrungen, lebhafte Phantasietätigkeit, künstlerische Sensibilität, Gefühlstiefe, Flexibilität, Nonkonformismus und Ambiguitätstoleranz. Kreativität ist keine Fähigkeit, die es zu erlernen und dann anzuwenden gilt. Kreativität ergibt sich viel mehr aus den Einstellungen, Emotionen und Erwartungen, die eine Person in dem Moment hat, in der sie vor einer kreativen Herausforderung steht.“, erklärt Erstautorin und Kreativitätsexpertin Jennifer Haase. All das sind Eigenschaften und Faktoren, die wir einer Maschine oder einem technischen System wie künstlicher Intelligenz nicht zuordnen – noch nicht.

Kann KI kreativ sein?

Anfang des Jahres ging ein Rumoren durch die Musikwelt als ein Fan dem Musiker Nick Cave einen Songtext schickte, den eine künstliche Intelligenz in seinem Stil generiert hatte. Nick Cave fand die Imitation ziemlich scheiße und schreibt darüber in seinem Blog. Abgesehen von seiner sichtbaren Ablehnung dieser Technologie bringt er es auf den Punkt: Die Kunst, einen guten Song zu schreiben, liegt dem Musiker zu folge nicht in Nachahmung oder Replikation. Das Gegenteil sei der Fall. „Es ist ein Akt des Selbstmordes, der alles zerstört, was man in der Vergangenheit zu produzieren versucht hat. Es sind diese gefährlichen, herzzerreißenden Abweichungen, die den Künstler über die Grenzen dessen hinauskatapultieren, was er oder sie als sein bekanntes Selbst anerkennt.“ Songschreiben verlangt Menschlichkeit, so seine Auffassung.

In seinem Beitrag schreibt er auch: „Es ist absolut vorstellbar, dass KI ein Lied erzeugen kann, das zum Beispiel die Qualität von Nirvanas „Smells Like Teen Spirit“ hat. Ein Lied, das alle Kriterien erfüllt, die nötig sind, damit wir empfinden, was wir empfinden sollten, wenn wir ein Lied wie dieses hören. In diesem Fall könnte das zum Beispiel sein, sich aufzuregen und sich rebellisch zu fühlen. Es ist sogar plausibel, dass KI ein Lied erzeugt, das uns diese Gefühle intensiver empfinden lässt, als es jeder menschliche Songwriter tun könnte.

Aber ich glaube eben nicht, dass wir, wenn wir „Smells Like Teen Spirit“ hören, nur das Lied hören. Mir scheint, dass wir eigentlich die Reise eines verschlossenen, einsamen jungen Mannes hören, die in der amerikanischen Kleinstadt Aberdeen beginnt. Ein junger Mann, der nur so strotzte vor Abnormität und menschlicher Begrenztheit. Und der die Kühnheit besaß, seinen Schmerz in ein Mikrofon zu heulen und damit auf verschlungenen Pfaden die Herzen einer ganzen Generation erreichte.

Meine Meinung ist: Es besteht kein Bedarf, dass eine KI einen Nick Cave Song erzeugt. Nick Cave ist Musiker, Songwriter und Autor: Er will und kann es selber tun. Und sein Anspruch, seine Intuition und seine Bedarf etwas Neues zu erschaffen sind so hoch, dass KI keine Option darstellt. Er tut das, was er tut, um sich auszudrücken und seine Fans erwarten von ihm ein entsprechendes Ergebnis.

Wer gute Musik zu schätzen weiß, der wird Nick Cave mit Sicherheit Recht geben. Und wenn Nick Cave sein nächstes Album oder sein nächstes Buch von einer KI generieren lässt, verliert er mit großer Wahrscheinlichkeit nicht nur viele seiner weltweiten Fans, sondern auch sein Ansehen als Musiker und Künstler. Und trotzdem wird KI auch für Nick Cave eine Rolle spielen oder tut es bereits. Diejenigen, die seine Musik produzieren, verwenden Software, die durch KI die Prozesse und Workflows unterstützt.

Generative KI: Das Erzeugen von Bildern, Texten, Musik oder Videos

An dieser Stelle sollte man einmal erklären, von was wir hier eigentlich sprechen. Im Kern geht es um das Generieren von Inhalten mit Hilfe einer KI. Generative KI (englisch: Generative AI) kann von vorhandenen Artefakten lernen, um neue, realistische Artefakte zu generieren, die die Merkmale der Trainingsdaten widerspiegeln, diese jedoch nicht wiederholen. Sie kann eine Vielzahl von neuartigen Inhalten produzieren, wie Bilder, Videos, Musik, Sprache, Text, Softwarecode und Produktdesigns.

Während im Zentrum der aktuellen Debatte KI-Systeme stehen, welche Texte generieren können (z. B. OpenAIs ChatGPT oder Googles Bard), gibt es auch solche, die beispielsweise Bilder (z. B. Midjourney), Videos oder Ton erzeugen.­­ Als Input dient ein sogenannter Prompt – eine Art geschriebener Arbeitsauftrag für das Modell. Dieser Prompt wird dann im Fall von Text-to-Text-Modellen vervollständigt. Die Qualität des Prompts hat deswegen auch großen Einfluss auf die Qualität des Outputs. Die folgenden Bilder habe ich in unter einer Minute mit Adobe Firefly per Prompt erzeugt. Man muss an dieser Stelle unterstreichen, dass somit jede Person ohne besondere Kenntnisse und Fähigkeiten Bilder erzeugen kann. Ein inspirierendes Erlebniss ist es auf jeden Fall.

Künstliche Intelligenz und die fehlende menschliche Eigenschaft

Künstliche Intelligenz ist seit der Veröffentlichung von ChatGBT, Discord und anderen Plattformen für jeden zugänglich – sofern man Internet hat und ein passendes Endgerät. In Sekunden generiert die KI Bilder, Texte oder sogar ganze Musikstücke – kreative Inhalte mit teilweise erschreckend guten Ergebnissen. Da stellt sich unweigerlich die Frage: Sind Künstler und Kreativschaffende damit obsolet? Gehen wir bald in Galerien oder Museen und schauen uns Werke an, die von KI erschaffen wurde? Schreibt eine KI das Drehbuch für den nächsten Blockbuster oder die Songs des nächsten Coldplay Albums? Oder anders gefragt: Würden wir ein neues Amy Winehouse oder Nirvana Album kaufen, das mit Hilfe von KI geschrieben oder erschaffen wurde? Hier gehen die Meinungen mit Sicherheit auseinander. Vielleicht hören sich Fans das Album aus reiner Neugierde an oder weil es im Musik-Abo eh jederzeit abrufbar ist. Doch was ist mit den Personen, die hinter diesen Namen stehen. Curt Cobain und Amy Winehouse haben Selbstmord begangen. Nur ihre Musik und die Geschichten zu ihren Personen leben weiter. Und damit sind wir wieder bei der Aussage von Nick Cave: Ihre Songs berühren uns. Wir wollen das Emotionale hören, das Alben wie Back to Black oder In Utero in sich tragen. Wir wollen das Leid, den Schmerz, die Wut, die Trauer oder auch die Freude hören und fühlen. Das würde in einem von einer KI erzeugten Song unweigerlich fehlen, denn KI kennt weder Schmerz noch Trauer. Sie kann nur das Musikalische in Form von Melodie, Text und Stimme erzeugen, basierend auf Daten, mit denen sie gefüttert wird. Manch einer Person reicht das aus und andere lehnen ein solches Ergebnis kategorisch ab.

Der Zukunftsforscher Bernd Flessner bewertet KI-Kunst vor allem mit Blick auf das Publikum. „Wenn ein Kunstwerk für die Rezipienten, die ein Bild anschauen, ein Musikstück anhören oder ein Buch lesen, etwas aussagt, dann ist es Kunst, völlig unabhängig davon, wie sie entstanden ist“, meint der Erlanger Wissenschaftler. Ein Algorithmus könne demnach genauso schöpferisch tätig werden wie ein Mensch. Dieser Aussage widerspreche ich, denn zum einen beantworten Künstler:innen, Kunstwissenschaftler:innen und andere Fachleute die Frage „Was ist Kunst“ sehr unterschiedlich und zum anderen ist Kunst aus meiner Sicht eine emotionale Ausdrucksform, die dem Menschen zuzuordnen ist.

Kann ChatGBT etwas mit dem Begriff Emotion anfangen? Fragen wir doch einfach ChatGBT selbst: „Was sind Emotionen?“ Die Antwort:

Wir fragen weiter: „Hat Künstliche Intelligenz Emotionen?“

KI kann Emotionen erkennen und einordnen – Anhand von Mimik, Gestik und Hirnströmen können hochauflösende Kameras und Sensoren schon heute Gefühle ablesen. Doch kann KI eigene Emotionen entwickeln?

Stand heute im Jahr 2024 kann Künstliche Intelligenz keine Emotionen entwickeln. Sie kann lediglich menschliche Emotionen erkennen, analysieren und bewerten (Affective Computing). Damit fehlt ihr aus meiner Sicht das Elementare, was insbesondere Kunst als kreative Leistung ausmacht. Wollen wir diese Eigenschaft nicht als das ansehen, was uns als Menschen von Maschinen und Systemen unterscheidet? Damit wir etwas haben, was uns ausmacht und was uns zu kreativer Leistung verhilft. Damit wir Dinge erschaffen, die einen emotionalen und gesellschaftlichen Wert für jetzige und zukünftige Generationen haben.

Ein erstes persönliches Fazit

Über KI, ihre Vorteile, ihren Nutzen und auch über ihre Risiken wird viel diskutiert. Ob KI-Bilder, -Songs und -Texte eine Daseinsberechtigung haben – aus meiner Sicht ja. Die Vorteile der neuen Technologie überwiegen auf gestalterischer und konzeptioneller Ebene. Ich teste aktiv mit KI-Bildgeneratoren, was möglich ist und wo ich für mich Nutzen und Vorteile sehe. Für den Bereich Grafikdesign habe ich mehrfach schon mit KI-generierten Bildern gearbeitet und diese für Designs bewusst eingesetzt. Aktuell haben sich für mich u.a. volgende Vorteile und Nutzen ergeben:

  • Weniger Zeitaufwand für Bildrecherchen
  • Schnelle Entwürfe für erste Entscheidungen
  • Perspektiven und Körperhaltungen erzeugen
  • Modifizieren und Anpassen von Hintergründen, Farben und Strukturen
  • Erweitern von Bildbereichen
  • Erzeugen von Versionen

Kann KI Kunst? Ich sehe bildende Kunst, anspruchsvolle Gestaltung oder Musik als Bereiche, die dem Menschen mit seinen Fähigkeiten zuzuordnen sind. Für mich ist Kunst im erschaffenden Kontext das, was uns Menschen ausmacht. Wir erschaffen Sie und hinterlassen Sie für nachfolgende Generationen. Und dafür sollten wir uns als Gesellschaft einsetzen. Man sollte sich über einen Aspekt immer im Klaren sein: Künstliche Intelligenz könnte ohne die von Menschen erschaffenen Werke nichts selber erschaffen; keine Lieder, keine Texte und keine Bilder. Aber: Künstliche Intelligenz beeinflusst schon jetzt Kunstschaffende weltweit und es gibt viele herausragende Beispiele, wie unter Einsatz von KI und Machine Learning Neues erschaffen wird. So bin ich beispielsweise auf den Medienkünstler Refik Anadol gestoßen. Seine Arbeiten bestehen häufig aus datengesteuerten maschinellen Lernalgorithmen, die aus Datenströmen abstrakte, immersive, traumähnliche Umgebungen schaffen. Als Medienkünstler ist er fasziniert von den Möglichkeiten, die das digitale Zeitalter und die maschinelle Intelligenz für eine neue Form der Ästhetik bietet.

Doch es entstehen gerade zu viele sinnlose und meist ungenutzte KI-Inhalte, die als Datenmüll in den digitalen Weiten umherschwirren und irgendwann verschwinden. Gerade KI-Bildgeneratoren sind eine maximale Verschwendung von Energieressourcen. Im Falle von Google verbraucht die künstliche Intelligenz 10 bis 15 Prozent des gesamten Stromverbrauchs des Unternehmens. Das entspreche für 2021 einem Verbrauch von circa 2,3 Terawattstunden, dem jährlichen Stromverbrauch aller Haushalte einer Stadt von der Größe Atlantas. Ein KI-Bild verbraucht die Energie einer Handyladung und seit letztem Jahr wurden mehr als 15 Milliarden Bilder mit Hilfe von Text-zu-Bild-Algorithmen erstellt. Seit dem Start von DALLE-2 erstellen Menschen durchschnittlich 34 Millionen Bilder pro Tag. Alleine diese Zahlen sollten zum Nachdenken anregen. Man muss nicht immer gleich die KI anwerfen, um etwas zu visualisieren. Papier und Stift in Kombination mit unserer Phantasie und unseren Emotionen erschaffen oft unerwartet spannende und inspirierende Ergebnisse.

In diesem Sinne plane ich meinen nächsten Kunstmuseumsbesuch, um mir das eine oder andere großformatige Original auf Leinwand anzusehen, begleitet durch die emotionale Musik von Nick Cave.

TOPP Verlag: Farbtunnel Künstler aus Bonn

Transformation: Vom PC-Supporter zum Mediendesigner & Künstler?

Wie oft ich damals Begriffe wie „Berufswechsel mit 30“ in den Suchmaschinen eingegeben habe (damals gab es sogar noch AltaVista), weiß ich nicht mehr; aber gefühlt jede Woche und über einen sehr langen Zeitraum hinweg, fast schon ein routinierter sich wöchentlich wiederholender Prozess, der irgendwie erst drei Jahre später und im Alter von 34 Jahren zu einem ersten und entscheidenden Schritt führte. Ein Schritt, der sich rückblickend in mehrfacher Hinsicht und auf vielen Ebenen gelohnt hat. Mit 45 Jahren bin ich zu einem Allrounder geworden: Als Mediendesigner und Senior Marketing Manager für ein kümmere ich mich darum, dass das erklärungsbedürftige Leistungs- und Produktportfolio zielgruppenoptimiert und medienoptimiert nach Außen transportiert wird. Digital, über verschieden Kanäle und verschiedene Medien verteilt. Ich muss konzeptionell, textorientiert und visuell denken, technische Aspekte von Plattformen einbeziehen und die Umsetzung anteilig selber übernehmen. Im Klartext heißt das: Die passenden Worte finden, Adobe Programme vielseitig bedienen, Text in Bild und Grafik übersetzen, Suchmaschienenoptimierung umsetzen und Webtechnologien verstehen. Breit aufgestellt, nennt es mein Chef, aber das hat auch seine Nachteile.

Zusätzlich habe ich meinen Platz in der Welt der grafisch künstlerischen Kreativen gefunden, habe an Ausstellungen teilgenommen und Drucke verkauft. Mit meiner Technik Dotting habe ich es in ein Kreativbuch geschafft und mich sogar für ein Illustratorenfestival qualifiziert.

Rückblick

Immer, wenn ich vor meiner Veränderungsphase – ich nenne es auch Transformationsphase – den Arbeitstag als besonders negativ, zermürbend oder belastend empfand, ging die Suche los. Relevante Antworten habe ich nie gefunden. Wenige Beispiele von Menschen, die gefühlt alle entweder finanzielle Rücklagen hatten oder sehr gut ausgebildet waren, sodass ein Plan B, der Weg zurück oder eine Rücksicherung immer vorhanden war. Mit diesen Beispielen konnte ich mich nicht identifizieren. Ich konnte damals (nur) eine abgeschlossene Ausbildung als Informatikkaufmann vorweisen, etwas Berufserfahrung und ein gefühlt permanent leeres Bankkonto. Sicher, ich hatte durchaus eine solide Basis aber sah irgendwie keine sinnvolle berufliche Zukunft für mich. Nichts, was mich zufriedenstellen würde. Und mir ging es eben nicht nur um ein Gehalt auf dem Konto, sondern um eine Perspektive, die mir sinnvoll erscheint. Ich war nicht frustriert aber auch ausreichend unzufrieden.

Heute haben Suchbegriffe wie berufliche Neuorientierung oder Selbstverwirklichung wesentlich mehr Relevanz und entsprechend findet man unzählige Informationen und Beispiele. Die Zeit widmet dem Thema sogar eine ganze Rubrik. 2004 sah das noch anders aus und entsprechend schwierig empfand ich es, einen sinnvollen Weg zu finden und eine Entscheidung zu treffen.

Aber die Frage, auf die ich Antworten suchte, würde mir auch heute im Jahr 2021 keine Suchmaschine beantworten. Vielleicht mehr Beispiele von Menschen, die sich berufliche verändert haben, aber keine Antworten auf die Frage: „Wie kann ich mich erfüllter fühlen?“ Die Antwort ist schließlich auch einfach: Man muss eine Tätigkeit oder eine Aufgabe finden, die sich entsprechend positiv auf das persönliche Empfinden auswirkt. Das muss am Ende nicht zwingend ein Job sein, sondern kann auch eine Tätigkeit in einem anderen Kontext sein. Und vielleicht bringt sie am Ende noch nicht einmal Geld ein. Geld, mit dem man seine Rechnungen bezahlt. Hier muss dann weiter ein Job seinen Zweck erfüllen, mag er noch so langweilig oder nervig sein.

Ich hatte mich gerade vom Status PC-Supportler in den Status Sales Trainee transformiert und war nicht wirklich glücklich mit dem, was ich tat. Ich musste in Anzug und Krawatte Kaltakquise machen, Drucker und Kopierer vorstellen und in einem grauen Büro sitzen. In der Zeit kam dann noch ein Rosenkrieg dazu, der das emotionale Chaos vorantrieb. Irgendwie habe ich mich dann noch eine ganze Weile in verschiedenen Vertriebspositionen gehalten – meines Erachtens mäßig erfolgreich, aber auch wohl nicht so schlecht, dass man mich loswerden wollte. Ich wusste, ich muss da irgendwie raus und etwas anderes machen, sonst macht es mich krank. Etwas, das mich nicht belastet, sondern positiv reizt. Vertrieb heißt: Permanent Gespräche führen und irgendwie eine Show abziehen plus Zahlendruck im Nacken; das war nicht meine Welt und es erfüllte mich in keinster Weise. Im Gegenteil – es war ein Störfaktor und führte zu einem permanenten Unwohlsein, schlaflosen Nächten und Angespanntheit.

Transformation mit Mut und etwas Risiko

Ich wollte kreativ sein, etwas gestalten, Dinge formen und erschaffen. Ich wollte in etwas meine Kraft und Leidenschaft investieren, das auf verschiedenen Ebenen für mich und meine Persönlichkeit einen Sinn hat.

Damals verbrachte ich privat viel Zeit mit Zeichnen und grafischer Arbeit, besaß unzählige Bildbände von Künstlern und besuchte Ausstellungen in Museen und Galerien. Ich erinnere mich noch als ich extra von Stuttgart nach Bonn gefahren bin, um eine Ausstellung des Künstlers Jackson Pollock zu sehen. Ich war aufgeregt wie andere vor dem Konzert ihrer Lieblingsband, weil ich seine Arbeiten als so faszinierend empfand. Kurze Zeit später wiederholte sich das Szenario als eine große Ausstellung von Francis Bacon in Düsseldorf zu sehen war.

Und irgendwie wollte ich Teil dieser oder einer Kreativszene sein – einfach dazugehören auch, wenn es nur minimal ausfallen würde.

Berufliche Neuorientierung ist mittlerweile ein nervendes Buzzword und fast schon ein Trend. Viele Menschen wollen sich selbst neu erfinden, sich selbst verwirklichen und etwas Erfüllendes tun. Etwas, das ein Sinn für sie hat.
Wenn dann noch positive Beispiele in den Medien vorgestellt werden, ist man noch mehr motiviert und will auch einen radikalen Wandel vollziehen. Der eine wagt es, der andere nicht. Im besten Fall klappt alles und man steht am Ende hinter der Theke des eigenen Cafés, näht nachhaltige Kinderkleider, fährt als Kapitän ein Schiff oder schreibt Romane.

Doch nicht immer ist alles perfekt und nicht immer bleibt das positive Gefühl bestehen. Und nicht immer gelingt die gewünschte Veränderung, wie man sie sich vorgestellt hat. Am Ende ist es vielleicht nicht die Erfolgsgeschichte, sondern nur ein Hauch von Erfolg, Anerkennung oder Wandel.

Allerdings bin ich der Meinung, dass man diese Veränderung als einen Transformationsprozess sehen muss, der vielleicht nie abgeschlossen ist. Für den den einen Menschen ja, für den anderen nicht.

Abstrakte Körperdarstellung
Body 01 – pencil on paper / 2002

Zweifel, Frust und Erfolg: Eine Einheit, die unvermeidbar ist

Ich gehöre bestimmt nicht zu den Gewinnern da draußen und auch nicht zu denen, die eine berufliche Neuorientierung mit maximalem Erfolg vollzogen haben – zumindest nicht aus meiner Sicht. Aber ich habe es so betrachtet geschafft, mich vom PC-Supporter und später mittelmäßigen Vertriebler zum Mediendesigner und grafischen Künstler zu verändern – beruflich und persönlich.

Ich hatte mich mit 34 nach langem Suchen für ein berufsbegleitendes Studium zum Mediendesigner entschieden und dreieinhalb Jahre später meinen Bachelor oft Arts Mediendesign gemacht. Die meisten meiner Kommilitonen hatten bereits eine Ausbildung als Mediengestalter oder ähnliches hinter sich und arbeiteten in Agenturen oder anderen Medienbereichen. Ich dagegen arbeitete als Account Manager bzw. Sales Manager, hatte also in dem Sinne keine Vorkenntnisse. Hinzu kam der Aspekt, das ich der Älteste in der Runde war.

Ich stelle mir damals folglich die Frage: „Kann ich da mithalten und wie hole ich diesen Erfahrungsvorsprung auf? Und was, wenn das alles zu nichts führt?“ Am Ende habe ich viel von den Kommilitonen gelernt, konnte durch gute Ideen für Konzepte viel ausgleichen und das grafische durch analoges Können ergänzen, sodass ich meinen Abschluss 2014 in der Tasche hatte. Ich war offiziel Designer.

I love Typography
Visueller Schatteneffekt

Das Bauchgefühl war der Wegweiser

„Warum denn Mediendesign? Du arbeitest doch im Vertrieb. Das ergibt doch keinen Sinn.“ Solche Sätze oder gar keine Reaktionen kamen aus dem näheren Umfeld immer wieder (interessanterweise aber nicht von den Kommilitonen). Zu Beginn des Studiums wusste ich auch noch nicht, wie ich das Erlernte einsetzen könnte, aber das sollte sich bald ändern.

Am Ende war es auch meine Frau, die mich dazu animiert hat, den Schritt des berufsfremden Studiums zu wagen. Sie sagte zu mir:

„Es wird dich glücklich machen, dein Selbstvertrauen stärken, eine innere Zufriedenheit erzeugen und dich vielleicht auf unerwartete Wege führen. Du musst noch mindestens dreißig Jahre arbeiten. Also musst du dir die Frage stellen, ob dieser Schritt nicht generell einen positiven Einfluss haben kann. Auch wenn es nur der inneren Zufriedenheit dient.“

Natürlich klingt das nach Sätzen, die heute jeder Coach nutzt, aber es macht viel aus, wenn eine enge Person solche Worte ausspricht, denn sie hat einen Vorteil gegenüber dem Coach. Sie kennt ihr Gegenüber.

Heute komme ich oft an den Punkt, dass ich sagen muss: Ja, da sind einige Erfolge, aber so richtig eine steigende Erfolgskurve ist nicht erkennbar. Gerade passiert gar nichts und 2019 / 2020 / 2021 war nicht gerade berauschend. Hier und da ein Druck verkauft, Lob und Anerkennung von Ausstellungsbesuchern oder anderen Kreativen – alles irgendwie nur Kleinigkeiten, die bedingt motivieren.

Unerwartete Erfolge und Anerkennung

Immer, wenn ich in ein solches Tief rutsche, schaue ich auf ein Buch mit dem Namen Creative Extremes, von dem ich einige Ausgaben besitze. In diesem Buch ist ein dreiseitiger Beitrag über mich und meine Technik Dotting. Und immer, wenn ich in einem Laden oder online das Buch sehe, bin ich stolz und fühle mich als einen anerkannten Kreativen. Ich musste sogar schon Ausgaben signieren.

„Für unser Verlagsprogramm in der zweiten Hälfte von 2017 planen wir ein Buch mit dem Arbeitstitel „Creative Extremes“, in dem wir herausragende kreative Persönlichkeiten aus aller Welt vorstellen wollen, die allgemein bekannte Kreativtechniken auf eine extreme Ebene erheben.“

So sah im Dezember 2016 die Anfrage aus. Was zuerst im Spam-Ordner gelandet war und auch bei der ersten Sichtung für mich zuerst als einer der vielen fragwürdigen E-Mails ausgesehen hatte, entpuppte sich am Ende als ein festgebundenes und hochwertiges Buch mit 239 Seiten, in dem auf jeweils vier Seiten Künstler und Kunstschaffende mit Ihren Techniken und Arbeiten vorgestellt wurden. Wenn das kein Erfolg ist?

Farbtunnel Tobias Sylvester Vierneisel Creative Extremes
Buch: Creative Extremes

Die Kehrseite: Der K(r)ampf der Kreativität

Ich stelle mir aktuell die Frage, ob ich Corona als Ausrede nutze, weil ich mit meinen grafischen Arbeiten noch so wenig erreicht habe. Und ich stelle mir die Frage: Wie sieht eigentlich deine Gesamtbilanz aus? Ich habe mich aus einer frustrierenden und belastenden in eine animierende und ehrgeizorientierte (Berufs-)Phase manövriert. Ist denn alles besser geworden? Gehst du in dem auf, was du tust? Was du tust; machst du das motiviert und aus Leidenschaft? Ja und Ja! Und trotzdem bin ich nicht zufrieden. Aber woran liegt das?

Ich nenne es den „K(r)ampf der Kreativität“.

Je mehr Zeit ich mit dem Zeichnen, Entwerfen, Gestalten, Texten oder anderen Themen rund um meine gestalterische Welt verbringe, desto mehr wird es auch zu einem K(r)ampf. Man will besser werden, Dinge perfektionieren, experimentieren und das Maximum herausholen. Auch eine gewisse Ruhelosigkeit kommt hinzu. Teilweise arbeite ich an drei Sachen gleichzeitig. Hier eine Stencil-Arbeit, dort ein Video und dann noch eine Ausstellung vorbereiten. Dann meine Position als Content Marketing Manager & Mediendesigner in einem IT-Unternehmen. Auch hier will ich mich weiterentwickeln, denn schließlich ist es Teil meiner Veränderung.

Macher oder Macher hoch Zwei

Den großen Sprung schafft man vielleicht einfach nicht. Woran das liegt, kann man unterschiedlich bewerten. Mangelnder Fokussierung auf einen Kernbereich plus Aspekte wie Erfahrung, Unterstützung und der Bereitschaft Opfer zu bringen. Manches macht man gut, manches nicht so gut. Den eigenen Anspruch zu erfüllen wird zur Herausforderung und folglich zu einer Form von Druck. Wenn man dann noch die Vorstellung von anderen akzeptieren muss, baut sich schnell Frust auf.

Manchmal muss man sich eingestehen, dass man das, was andere erreichen, vielleicht nicht erreicht, weil bestimmte Faktoren nicht oder nicht ausreichend gegeben sind. Talent, Wille und Ehrgeiz sind vorhanden, aber vielleicht ist man nicht ausreichend belastbar, es fehlt an nötigem Selbstvertrauen oder einfach auch nur etwas Glück. Dann heißt es, erreichte Erfolge zu akzeptieren, mögen sie noch so klein sein.

Ich habe eine kleine Tochter und für mich als modernen Vater ist es selbstverständlich, dass ich mir die anfallenden Aufgaben und die Verantwortung mit meiner Frau teile. Wenn unsere Tochter von der Tagesmutter kommt, will sie unterhalten werden. Ich kann mich dann nicht zurückziehen, um mich meiner Arbeit zu widmen oder anderen Themen, die damit verbunden sind. Am Abend, wenn die Kleine im Bett ist, wäre Zeit dafür aber genau hier fehlt mir die Kraft, die andere vielleicht noch haben. Ich bin dann erschöpft und abgespannt. Natürlich kann man sich zwingen und quälen, aber ist es das wert? Bevor Corona uns einnahm, war ich gerade dabei, eine Gruppenausstellung mit Workshops zu planen. Hinzu kam, dass ich mich für das Illustratoren-Festival 2020 qualifiziert hatte und eine Arbeit zu einem Thema erschaffen musste. Es wurde mir zu viel und die Corona-Zeit macht es noch schwerer. Aufgeben? Auf keinen Fall. Eher die Dinge überdenken und sich anderes positionieren. Aber manch einer ist eben nicht dafür gemacht, die Maximalleistung immer abzurufen und einzusetzen.

Von kreativen Profis als Profi anerkannt

Erfolg ist für mich aber auch, dass ich 2018 von der Bonner Illustratorin Tanja Meyer angeschrieben wurde, ob ich Interesse hätte mit ihr und dem Illustrator Matthias Holländer eine Ausstellung zu organisieren. So betrachtet wurde ich von Profis als Profi anerkannt. Unsere erste Ausstellung war dann auch ein Erfolg, sodass wir das Kollektiv ZoomBonn gegründet haben. Tanja Meyer, Matthias Holländer, Alex Graf und ich. Mal sehen, was daraus noch wird.

Beruflich habe ich aber auch mein Studium als Mediendesigner auf einer anderen Ebene zum Einsatz gebracht. 2016 begann meine Zeit als All-In-One-Lösung für ein mittelständisches IT-Unternehmen in Bonn. Zuerst als Freelancer, dann als Festangestellter wurde ich zum Online Marketing Manager und Medien-
designer, der irgendwie alles macht. Texte schreiben, Newsletter und Mailings gestalten, Videos produzieren, Infografiken erstellen, die Webseite weiterentwickeln und die Marketingautomatisierung umsetzen. Für ein Produkt musste ich sogar alles von A bis Z erschaffen: Logo, Farbwelt, Webuumgebung und zusammen mit einer Kollegin alle Inhalte für die Webseite.

2021 bin ich zu einem großen medienoriertierten IT-Unternehmen gewechselt und kann meine IT-Kenntnisse aus der vorangehenden Berufsphase, meine neu erworbenen Berufserfahrung kombiniert einsetzen mit dem, was ich im praxisorientieren Studium und durch mein Selbststudium erlernt hatte. So betrachtet ging meine Rechnung auf. Das, was ich mache, mache ich gerne und ich bin gut darin.

Wohin mich das alles führt, ist gerade in der Corona-Zeit schwer zu beurteilen. Aber ich will nichts unversucht lassen.

Illustration Ausstellung Bonn
Ausstellung ZoomBonn

Berufliche Neuorientierung: Ein persönliches Fazit

“Twenty years from now you will be more disappointed by the things you didn’t do than by the ones you did do.”

Mark Twain

Ich bereue keine Entscheidung und habe (m)einen Weg gefunden, bin erfüllter durch das, was ich tue und habe an Selbstvertrauen deutlich hinzugewonnen. Am Ende geht es eben nicht nur um Erfolg oder gar Geld. Es geht um Erfahrungswerte, Freude an der Sache und das Gefühl etwas zu leisten, das einen persönlichen Wert hat. Aus diesem Grund bin ich auch froh, dass ich zweigleisig fahre. Meine Projekt FARBTUNNEL bietet mir Freiraum und ich entscheide auf allen Ebenen.

In meiner Position als Content Marketing Manager habe ich Vorgaben, muss nach Vorstellung von anderen arbeiten und bin eher eingeschränkt. Und trotzdem erfüllt es mich, weil ich das was ich tue, gerne tue und meine Kenntnisse und Fähigkeiten gut zum Einsatz kommen.

Und jetzt mein Tipp: Jeder, der sich verändern will, sollte das auch tun. Für eine alleinerziehende Mutter mit einer Halbtagsstelle ist eine solche Neuausrichtung sehr schwer, gar unmöglich. Daher bin ich auch der Überzeugung, dass ein bedingungsloses Grundeinkommen ein Teil der Lösung sein könnte und schlussendlich auch im Sinne unserer Gesellschaft ist, da die Person im besten Fall nach der Veränderung zufriedener, glücklicher und auch erfolgreicher ist. Jedoch sollte man sich immer die Frage stellen: Wenn ich morgen das Zeitliche segne, bin ich dann zufrieden mit dem, was ich im Leben getan habe? Dann spielt der Job nicht mehr die zentrale Rolle, sondern ist nur noch Mittel zum Zweck.

Farbtunnel Kreativraum für kreative Freiheit

Joseph Beuys sagt: „Kunst = Mensch = Kreativität = Freiheit“ – für mich ab 250,00 € im Monat

“Who the F…k is Joseph Beuys?“ fragt sich der eine oder andere, wenn er die Überschrift liest. Abgesehen davon, dass er eine herausragende Künstlerpersönlichkeit war, dessen Werk bis heute von intensiven und oftmals hitzig geführten Debatten begleitet wird, ist er aus meiner Sicht vor allem eines gewesen: Ein authentischer Rebell, der unter anderem in den frühen 70er Jahren durch sein gesellschaftspolitisches Engagement in den Medien für Aufsehen sorgte. Als Bildhauer betrachtete er die Gesellschaft als eine „soziale Plastik“, die durch ihre Mitglieder geformt wird. Seine wohl bekannteste oft aber auch falsch interpretierte Aussage war: „Jeder Mensch ist ein Künstler.“ Damit bezieht er sich auf die Bestimmung des Menschen, durch kreatives Handeln sich selbst und die Gesellschaft zu verändern. Der aktuell in den Kinos laufende Film Beuys ist eine aus meiner Sicht sehr gute und vor allem filmisch perfekt umgesetzte Darstellung seiner Person, seines Schaffens und seiner Botschaft an die Gesellschaft.

Bis vor einigen Jahren mochte ich Beuys gar nicht, weil seine Aktionen, Zeichnungen und Skulpturen für mich fremd waren, visuell nicht greifbar und zu unverständlich. Fett, Filz, kritzelige Zeichnungen, Schlitten und wie es so mancher heute noch nennt „Sperrmüll“ – alles Kunst-Quatsch, der der intellektuellen Elite ein Zuhause bietet? Irgendwann aber wollte ich dann doch wissen, was es mit dem Mythos Beuys auf sich hat. Das Buch „Zeig mir deine Wunde“ von Rüdiger Sünner war der Einstieg und hat mich förmlich in den Bann gezogen. Ich war fasziniert vom Beuys Vorstellungen und seiner Art über Kunst mit der Gesellschaft zu kommunizieren.

Ich will hier aber nicht über Joseph Beuys sprechen oder gar über seine Person oder seine Arbeit. Ich will lieber seine Worte nutzen, um die mir oft gestellten Fragen zu beantworten: „Und was genau machst du da?“, „Und verdienst du damit überhaupt Geld?“, „Und warum machst du das eigentlich?“. „Und warum der Name FARBTUNNEL?“

Die Schaumburg Bonn – mein erster Kreativraum

Im April 2017 hatte ich eine neue Ebene erklommen und zahlte monatlich 250,00 Euro dafür, dass ich in einer abgeranzten 130 Quadratmeter-Halle auf mir zustehenden 15 Quadratmetern kreativ experimentieren und buchstäblich rumsauen konnte. Allerdings war ich erst an drei oder vier Tagen zum „kreativen Arbeiten“ vor Ort, und selbst mit den „Ich organisiere mich“-Tagen kam ich in Summe vielleicht auf zehn Tage Aufenthalt im Atelier. Ein Raum, der im Winter kalt war, weil keine Heizung vorhanden war, das Klo ein Kunstwerk für sich darstellte und in der näheren Umgebung die örtlichen Drogensüchtigen der Stadt Bonn sich die Zeit vertrieben. „Park dein Auto besser nicht direkt in der Straße und schließ die Tür immer von Innen ab, wenn du da bist!“, so die Worte von Pablo Gimenez, dem authentischen Fotografen, der als Hauptmieter mir die Atelierräumlichkeit mit dem Namen „Schaumburg“ schmackhaft gemacht hatte. Aber genau dieses Abgeranztheit und diese Ungemütlichkeit, nach der ich auch gesucht hatte, machten es aus. Die Halle war (sie ist seit 2023 geschlossen) ein kreativer Ort, an dem man Ideen maximal ausleben konnte, ohne Rücksicht auf Verluste und in voller Freiheit. Sie bildete eine Art Kontrastwelt mit Steinboden, seltsamen Gerüchen und Geräuschen, die fast schon anregend wirkten. An einem heißen Sonntag hatte ich über sieben Stunden dort verbracht und unter der Wirkung von dunklen elektronischen Ambient-Sounds auf den Ohren an einem ersten großformatigen Werk auf Papier gearbeitet. Doch warum war ich bereit 250,00 Euro meines monatlichen Einkommens in etwas zu investieren, was vielleicht gar kein Geld einbringen würde? Dazu muss man hinzufügen, dass die Kosten für Künstlermaterial – im meinem Fall unter anderem Aquarell- und Acrylfarben, Tusche, hochwertige Papiere, Pinsel oder Skizzenbücher schon enorme Kosten mit sich bringen. Warum macht jemand so etwas? Als Antwort würde schon die Gegenfrage ausreichen: „Warum schafft man sich ein Auto an, um zur Arbeit, ab und an in den Urlaub oder zum Einkaufen zu fahren, das bei einem Neupreis von durchschnittlich 30.000 Euro plus Benzin, Steuern, Versicherung und Reparaturen die monatlichen Ausgaben einer Person mit weit über 250,00 Euro belastet. Dazu muss man sagen, dass ein privater Pkw in Deutschland durchschnittlich 23 Stunden am Tag nur herumsteht. Klingt das nachvollziehbar? Warum macht man so etwas?

250,00 Euro im Monat für maximale kreative Freiheit und Weiterentwicklung

Für mich ist das, was ich unter dem Namen FARBTUNNEL veröffentliche Idealismus, Identität und eine Art Kontrastprogramm zu dem, was sonst um mich herum passiert – im beruflichen und im privaten Alltag. Mein persönliches kreatives Arbeiten gibt mir die Freiheit und den Raum, die ich brauche, um etwas nur nach meinen Vorstellungen und Prozessen zu erschaffen und meinen kreativen Motor am Laufen zu halten. Nicht begrenzt durch Vorgaben, Einschränkungen oder die Meinung anderer. Ich definiere und kontrolliere den gesamten Prozess, entscheide über fertig und unfertig und wehre mich bewusst gegen den Faktor Zeit. Es gibt keine Deadline, keinen Druck und keine Absprachen, sondern absolute kreative Freiheit. Der Nutzen darüber hinaus ist aber auch das Weiterentwickeln meiner Kreativität für meine berufliche Tätigkeit als Marketing Manager und Mediendesigner. Ideen entstehen nicht im Büroraum – hier können sie vorgestellt, weiterentwickelt und ausgearbeitet werden. Sie entstehen durch Zufälle oder Eindrücke, die man sammelt und genau hierfür braucht es Zeit und die passende Umgebung.

Das Arbeiten in einem Raum wie der Schaumburg unterstützt gerade durch seine Atmosphäre den kreativen Prozess. In gewisser Weise unterstützt er eine Rebellion gegen Standards, Vorgaben und Eingrenzung. Er schreit geradezu nach Freiheit und Ausbruch. Beweg dich, experimentiere mit Materialien, scheitere bewusst und verwerfe die eine Idee, um daraus eine neue zu entwickeln. Das kann aber auch bewirken, dass ich beim Arbeiten an einem Werk im Atelierraum eine Idee im beruflichen Kontext habe – also für meine berufliche Tätigkeit. Diese skizziere oder dokumentiere ich dann und sammle weiter Gedanken dazu. Eine Art kreativer Parallelprozess, von dem im besten Fall auch mein Arbeitgeber profitiert. Während ich im beruflichen Alltag natürlich mit Vorgaben, zeitliche Faktoren oder Standards konfrontiert werde, und diese auch unabdingbar für ein Unternehmen sind, bietet alles, was ich unter dem Namen FARBTUNNEL erzeuge, erschaffe und veröffentliche, den Ausgleich dazu.

Die Gleichung von Joseph Beuys „Kunst = Mensch = Kreativität = Freiheit“, die man übrigens beliebig umstellen kann, unterstreicht für mich den Kernaspekt dessen, was ich tue – etwas oder Dinge zu erschaffen und das Ausleben von Kreativität.

Vielleicht inspiriert die eine oder andere Arbeit den einen oder anderen Menschen – nicht unbedingt zum Malen oder Zeichnen, sondern zur Ergründung und zur Nutzung seiner kreativen Fähigkeiten oder zur persönlichen Veränderung. Gerade hier sehe ich den Nutzen für die Allgemeinheit, denn damit hätte das, was ich tue einen Nutzen für die Gesellschaft und damit für die Welt von morgen.

Chris Boos, CEO und Gründer des Unternehmens arago, das sich auf künstliche Intelligenz spezialisiert hat, wurde in einem Interview gefragt, was dem Menschen noch bleibt, wenn Computer-Systeme und künstliche Intelligenz einen Großteil der von Menschen ausgeführten Aufgaben übernehmen. Seine Antwort: Die Kreativität und damit das Potential neue Ideen zu entwickeln. Wenn ich also 250,00 Euro im Monat in einen Raum investiere, der mein kreatives Schaffen unterstützt, dann ist diese Investition besser als jede Geldanlage für meine Rente.

Zitat Joseph Beuys

Analoges kreatives Arbeiten als Basis für analoge und digitale Versionen und Visionen

Ich lasse mich von visuellen Eindrücken in meiner Umgebung, durch Szenerien oder durch Darstellungen in Medien inspirieren, sammle diese und entwickle daraus eigene Skizzen und Entwürfe, die in einer großen Mappe oder in Skizzenbüchern gesammelt werden – eine Art Kreativ-Reservoir. Diese kombiniere ich mit teils selbst entwickelte Techniken wie dem Dotting, sodass verschiedene Versionen entstehen, die zu einem späteren Zeitpunkt und mit anderen Techniken weiterentwickelt werden.

Analog und digital werden hierbei oft kombiniert. Dabei setze ich nicht auf bewusstes Composing in Programmen wie Adobe Photoshop oder das gezielte Arbeiten mit anderen Grafikwerkzeugen, sondern auf das frei-kreativ orientierte Experimentieren und den Zufall.

Ich selber sehe mich aber nicht als Künstler. Kunst oder Künstler sind für mich lediglich Begriffe, die der anderen Seite dazu dienen können, das einzuordnen, was ich mache – denn ich selber betrachte es nicht als Kunst, sondern als kreatives (Er)Schaffen, wobei ich nicht zwischen Malerei, Grafik, Text oder Video unterscheide. Es sind lediglich die Medien, über die ich mich ausdrücke oder über welche ich Informationen zum Ausdruck bringe. Insbesondere Grafik oder Malerei sind eine Form der Informationsübermittlung, wenn die Worte nicht verstanden werden oder zu viele Details liefern. Details, die man nicht preisgeben will, denn hinter jeder visuellen Arbeit steht in gewisser Weise ein Code an Informationen, den vielleicht sogar der Erschaffer selber nicht lesen kann oder bewusst übersieht.

In diesem Sinne beende ich den Beitrag mit den Worten von Joseph Beuys: „Die Schöpfung kann mich mal, für mich ist der Mensch immer noch der Schöpfer selbst.“

Beitrag: Kreativität als Eigenschaft, innerer Einstellung oder komplexer Prozess

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