Farbtunnel Kreativraum für kreative Freiheit

Joseph Beuys sagt: „Kunst = Mensch = Kreativität = Freiheit“ – für mich ab 250,00 € im Monat

“Who the F…k is Joseph Beuys?“ fragt sich der eine oder andere, wenn er die Überschrift liest. Abgesehen davon, dass er eine herausragende Künstlerpersönlichkeit war, dessen Werk bis heute von intensiven und oftmals hitzig geführten Debatten begleitet wird, ist er aus meiner Sicht vor allem eines gewesen: Ein authentischer Rebell, der unter anderem in den frühen 70er Jahren durch sein gesellschaftspolitisches Engagement in den Medien für Aufsehen sorgte. Als Bildhauer betrachtete er die Gesellschaft als eine „soziale Plastik“, die durch ihre Mitglieder geformt wird. Seine wohl bekannteste oft aber auch falsch interpretierte Aussage war: „Jeder Mensch ist ein Künstler.“ Damit bezieht er sich auf die Bestimmung des Menschen, durch kreatives Handeln sich selbst und die Gesellschaft zu verändern. Der aktuell in den Kinos laufende Film Beuys ist eine aus meiner Sicht sehr gute und vor allem filmisch perfekt umgesetzte Darstellung seiner Person, seines Schaffens und seiner Botschaft an die Gesellschaft.

Bis vor einigen Jahren mochte ich Beuys gar nicht, weil seine Aktionen, Zeichnungen und Skulpturen für mich fremd waren, visuell nicht greifbar und zu unverständlich. Fett, Filz, kritzelige Zeichnungen, Schlitten und wie es so mancher heute noch nennt „Sperrmüll“ – alles Kunst-Quatsch, der der intellektuellen Elite ein Zuhause bietet? Irgendwann aber wollte ich dann doch wissen, was es mit dem Mythos Beuys auf sich hat. Das Buch „Zeig mir deine Wunde“ von Rüdiger Sünner war der Einstieg und hat mich förmlich in den Bann gezogen. Ich war fasziniert vom Beuys Vorstellungen und seiner Art über Kunst mit der Gesellschaft zu kommunizieren.

Ich will hier aber nicht über Joseph Beuys sprechen oder gar über seine Person oder seine Arbeit. Ich will lieber seine Worte nutzen, um die mir oft gestellten Fragen zu beantworten: „Und was genau machst du da?“, „Und verdienst du damit überhaupt Geld?“, „Und warum machst du das eigentlich?“. „Und warum der Name FARBTUNNEL?“

Die Schaumburg Bonn – mein erster Kreativraum

Im April 2017 hatte ich eine neue Ebene erklommen und zahlte monatlich 250,00 Euro dafür, dass ich in einer abgeranzten 130 Quadratmeter-Halle auf mir zustehenden 15 Quadratmetern kreativ experimentieren und buchstäblich rumsauen konnte. Allerdings war ich erst an drei oder vier Tagen zum „kreativen Arbeiten“ vor Ort, und selbst mit den „Ich organisiere mich“-Tagen kam ich in Summe vielleicht auf zehn Tage Aufenthalt im Atelier. Ein Raum, der im Winter kalt war, weil keine Heizung vorhanden war, das Klo ein Kunstwerk für sich darstellte und in der näheren Umgebung die örtlichen Drogensüchtigen der Stadt Bonn sich die Zeit vertrieben. „Park dein Auto besser nicht direkt in der Straße und schließ die Tür immer von Innen ab, wenn du da bist!“, so die Worte von Pablo Gimenez, dem authentischen Fotografen, der als Hauptmieter mir die Atelierräumlichkeit mit dem Namen „Schaumburg“ schmackhaft gemacht hatte. Aber genau dieses Abgeranztheit und diese Ungemütlichkeit, nach der ich auch gesucht hatte, machten es aus. Die Halle war (sie ist seit 2023 geschlossen) ein kreativer Ort, an dem man Ideen maximal ausleben konnte, ohne Rücksicht auf Verluste und in voller Freiheit. Sie bildete eine Art Kontrastwelt mit Steinboden, seltsamen Gerüchen und Geräuschen, die fast schon anregend wirkten. An einem heißen Sonntag hatte ich über sieben Stunden dort verbracht und unter der Wirkung von dunklen elektronischen Ambient-Sounds auf den Ohren an einem ersten großformatigen Werk auf Papier gearbeitet. Doch warum war ich bereit 250,00 Euro meines monatlichen Einkommens in etwas zu investieren, was vielleicht gar kein Geld einbringen würde? Dazu muss man hinzufügen, dass die Kosten für Künstlermaterial – im meinem Fall unter anderem Aquarell- und Acrylfarben, Tusche, hochwertige Papiere, Pinsel oder Skizzenbücher schon enorme Kosten mit sich bringen. Warum macht jemand so etwas? Als Antwort würde schon die Gegenfrage ausreichen: „Warum schafft man sich ein Auto an, um zur Arbeit, ab und an in den Urlaub oder zum Einkaufen zu fahren, das bei einem Neupreis von durchschnittlich 30.000 Euro plus Benzin, Steuern, Versicherung und Reparaturen die monatlichen Ausgaben einer Person mit weit über 250,00 Euro belastet. Dazu muss man sagen, dass ein privater Pkw in Deutschland durchschnittlich 23 Stunden am Tag nur herumsteht. Klingt das nachvollziehbar? Warum macht man so etwas?

250,00 Euro im Monat für maximale kreative Freiheit und Weiterentwicklung

Für mich ist das, was ich unter dem Namen FARBTUNNEL veröffentliche Idealismus, Identität und eine Art Kontrastprogramm zu dem, was sonst um mich herum passiert – im beruflichen und im privaten Alltag. Mein persönliches kreatives Arbeiten gibt mir die Freiheit und den Raum, die ich brauche, um etwas nur nach meinen Vorstellungen und Prozessen zu erschaffen und meinen kreativen Motor am Laufen zu halten. Nicht begrenzt durch Vorgaben, Einschränkungen oder die Meinung anderer. Ich definiere und kontrolliere den gesamten Prozess, entscheide über fertig und unfertig und wehre mich bewusst gegen den Faktor Zeit. Es gibt keine Deadline, keinen Druck und keine Absprachen, sondern absolute kreative Freiheit. Der Nutzen darüber hinaus ist aber auch das Weiterentwickeln meiner Kreativität für meine berufliche Tätigkeit als Marketing Manager und Mediendesigner. Ideen entstehen nicht im Büroraum – hier können sie vorgestellt, weiterentwickelt und ausgearbeitet werden. Sie entstehen durch Zufälle oder Eindrücke, die man sammelt und genau hierfür braucht es Zeit und die passende Umgebung.

Das Arbeiten in einem Raum wie der Schaumburg unterstützt gerade durch seine Atmosphäre den kreativen Prozess. In gewisser Weise unterstützt er eine Rebellion gegen Standards, Vorgaben und Eingrenzung. Er schreit geradezu nach Freiheit und Ausbruch. Beweg dich, experimentiere mit Materialien, scheitere bewusst und verwerfe die eine Idee, um daraus eine neue zu entwickeln. Das kann aber auch bewirken, dass ich beim Arbeiten an einem Werk im Atelierraum eine Idee im beruflichen Kontext habe – also für meine berufliche Tätigkeit. Diese skizziere oder dokumentiere ich dann und sammle weiter Gedanken dazu. Eine Art kreativer Parallelprozess, von dem im besten Fall auch mein Arbeitgeber profitiert. Während ich im beruflichen Alltag natürlich mit Vorgaben, zeitliche Faktoren oder Standards konfrontiert werde, und diese auch unabdingbar für ein Unternehmen sind, bietet alles, was ich unter dem Namen FARBTUNNEL erzeuge, erschaffe und veröffentliche, den Ausgleich dazu.

Die Gleichung von Joseph Beuys „Kunst = Mensch = Kreativität = Freiheit“, die man übrigens beliebig umstellen kann, unterstreicht für mich den Kernaspekt dessen, was ich tue – etwas oder Dinge zu erschaffen und das Ausleben von Kreativität.

Vielleicht inspiriert die eine oder andere Arbeit den einen oder anderen Menschen – nicht unbedingt zum Malen oder Zeichnen, sondern zur Ergründung und zur Nutzung seiner kreativen Fähigkeiten oder zur persönlichen Veränderung. Gerade hier sehe ich den Nutzen für die Allgemeinheit, denn damit hätte das, was ich tue einen Nutzen für die Gesellschaft und damit für die Welt von morgen.

Chris Boos, CEO und Gründer des Unternehmens arago, das sich auf künstliche Intelligenz spezialisiert hat, wurde in einem Interview gefragt, was dem Menschen noch bleibt, wenn Computer-Systeme und künstliche Intelligenz einen Großteil der von Menschen ausgeführten Aufgaben übernehmen. Seine Antwort: Die Kreativität und damit das Potential neue Ideen zu entwickeln. Wenn ich also 250,00 Euro im Monat in einen Raum investiere, der mein kreatives Schaffen unterstützt, dann ist diese Investition besser als jede Geldanlage für meine Rente.

Zitat Joseph Beuys

Analoges kreatives Arbeiten als Basis für analoge und digitale Versionen und Visionen

Ich lasse mich von visuellen Eindrücken in meiner Umgebung, durch Szenerien oder durch Darstellungen in Medien inspirieren, sammle diese und entwickle daraus eigene Skizzen und Entwürfe, die in einer großen Mappe oder in Skizzenbüchern gesammelt werden – eine Art Kreativ-Reservoir. Diese kombiniere ich mit teils selbst entwickelte Techniken wie dem Dotting, sodass verschiedene Versionen entstehen, die zu einem späteren Zeitpunkt und mit anderen Techniken weiterentwickelt werden.

Analog und digital werden hierbei oft kombiniert. Dabei setze ich nicht auf bewusstes Composing in Programmen wie Adobe Photoshop oder das gezielte Arbeiten mit anderen Grafikwerkzeugen, sondern auf das frei-kreativ orientierte Experimentieren und den Zufall.

Ich selber sehe mich aber nicht als Künstler. Kunst oder Künstler sind für mich lediglich Begriffe, die der anderen Seite dazu dienen können, das einzuordnen, was ich mache – denn ich selber betrachte es nicht als Kunst, sondern als kreatives (Er)Schaffen, wobei ich nicht zwischen Malerei, Grafik, Text oder Video unterscheide. Es sind lediglich die Medien, über die ich mich ausdrücke oder über welche ich Informationen zum Ausdruck bringe. Insbesondere Grafik oder Malerei sind eine Form der Informationsübermittlung, wenn die Worte nicht verstanden werden oder zu viele Details liefern. Details, die man nicht preisgeben will, denn hinter jeder visuellen Arbeit steht in gewisser Weise ein Code an Informationen, den vielleicht sogar der Erschaffer selber nicht lesen kann oder bewusst übersieht.

In diesem Sinne beende ich den Beitrag mit den Worten von Joseph Beuys: „Die Schöpfung kann mich mal, für mich ist der Mensch immer noch der Schöpfer selbst.“

Beitrag: Kreativität als Eigenschaft, innerer Einstellung oder komplexer Prozess

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