eine abstrakte Farbstruktur nut Rot, Blau und Grün

Kreativität – Eigenschaft, innere Einstellung oder komplexer Prozess

Steve Jobs sagte einmal: „Kreativität heißt: Dinge miteinander verbinden. Wenn Sie kreative Menschen fragen, wie sie etwas geschaffen haben, fühlen sie sich ein bisschen schuldig, weil sie gar nicht wirklich etwas getan, sondern nur etwas gesehen haben. Es war einfach offensichtlich für sie. Deswegen waren sie fähig, Erfahrungen zu verbinden und neue Dinge zu kreieren.“

Jeder will ein Picasso sein

Es beginnt mit einigen schnellen Strichen, die sich langsam zu einer ersten Skizze entwickeln, einer Tonfolge, die sich nach und nach zu einer Melodie formt, einer Reihe an Worten, die als Basis für eine Geschichte dienen oder Notizen und Skizzen, die am Ende zu einem Konzept werden. Ausgelöst durch einen Moment, den Blick auf etwas oder das Ausprobieren von Unbekanntem entsteht ein Prozess, dessen Ergebnis wir weiterentwickelt, ausgearbeitet und
finalisiert in Form von Musik, Bildern, Filmen oder Produkten über unsere Sinne aufnehmen und verarbeiten. Faszination oder Bewunderung entstehen. Es ist die Magie der Kreativität, die uns zusammen mit der gekonnten Ausführung der erschaffenden Person in den Bann zieht. Ob Ludwig van Beethoven, George Lucas, Pablo Picasso, Salvadore Dalí, Frida Kahlo, Björk oder David Bowie – sie alle vereint ein Maximum an Kreativität. Wir bewundern und beneiden sie für das, was sie erschaffen oder erschaffen haben. Doch warum kann nicht jeder ein Beethoven, Picasso oder Björk sein?

Kreativität – das ist nicht einfach nur eine menschliche Eigenschaft. Es ist eine innere Einstellung, die durch Faktoren wie Umwelt, Erfahrung, Wahrnehmung oder auch Emotionen beeinflusst wird. Es ist ein komplexer Prozess, bestehend aus kognitiven Vorgängen, neuronalen Wegen und Emotionen. Im Zeitalter der Digitalisierung und künstlichen Intelligenz gewinnt Kreativität als Ressource für Wirtschaft und Gesellschaft an Bedeutung. Eine Oxford-Studie prophezeit,
dass schon in zwanzig Jahren die Hälfte aller Berufe von Computern und künstlicher Intelligenz übernommen wird. Was aber bleibt dann für den Menschen? „Das Neue“, sagt auch Chris Boos, KI-Pionier und Visionär. Ideen entwickeln, neue Geschäftsmodelle und neue Konzepte, Design und Kunst. Kreativ sein ist nicht nur ein Trend, sondern auch notwendig. Von der öffentlichen Verwaltung bis zum Großkonzern zieht sich der Innovationsbedarf aktuell durch alle Fachbereiche. Doch ohne Kreativität wird Innovation eingeschränkt, nicht gefördert.

Künstler:innen – Kreativität in Person?

Welchen Aspekt können Künstler:innen im unternehmensbezogenen Kontext spielen und „was können Unternehmen von Künstler:innen lernen?“ Eine der zentralen Fragen, die auch der ehemalige SAP-Manager Dirk Dobiéy mit seinem Unternehmen Age of Artists untersucht, und zielte dabei insbesondere auf das künstlerische Denken als Haltung ab. Neugier, Überzeugung, Leidenschaft, Experimentieren und Spielen gepaart mit den eigenen Emotionen und den Einflüssen der Umwelt – das macht Künstler:innen aus und davon will man profitieren. Künstler:innen und Kreative wenden andere Denkansätze und Prozesse an, um ein Ziel zu erreichen oder etwas zu erschaffen. Das hängt unter anderem damit zusammen, dass es für die Kunst kein Richtig und kein Falsch gibt. Auch geht es im Kern nicht darum eine Lösung für ein Problem zu finden. Künstler:innen wollen etwas erschaffen. Etwas, das ihren eigenen Vorstellungen entspricht, aus ihrer Phantasie, ihrer Vorstellung hervorgeht. Dabei muss man einen Aspekt hervorheben, der für das künstlerische Schaffen ausschlaggebend ist: Freiheit! Jene Freiheit ermöglicht eine Herangehensweise, bei der Störfaktoren wie Stress, Beeinflussung, Eingrenzung oder feste Strukturen vermieden werden können. Doch eine solche Freiheit für Künstler gab es nicht immer. Erst durch die Kunst des 20. Jahrhunderts, durch Avantgarde und Postmoderne wurden die Grenzen der sozialen Verbreitung durchbrochen, sodass man sich von religiösen, moralischen und politischen Vorgaben löste. Eine neue Art der Kunst entstand, die bis heute wirkt und immer wieder neue Formen der Kommunikationen einbezieht. Der Schaffensprozess auf Basis von Kenntnissen, Erfahrungen und Umsetzung rückt damit in den Fokus und lässt Neues entstehen, das im besten Fall als Kunst anerkannt wird.

Künstler sind „kreative Produzenten“

Kunst funktioniert anders als Prozesse und Workflows, wie man sie aus dem Berufsalltag kennt. Sowohl der Schaffensprozess als auch die Wirkung. Spontanität, Flexibilität und Kreativität sind Einflussfaktoren für den Künstler, die seine Arbeit ausmachen. So entsteht heute die Erkenntnis, dass Kunst und ihre Akteure durch ihre Herangehens- und Sichtweise der Wirtschaft wichtige neue Impulse liefern können. Künstler zerstören oft Werke, in denen gar wochenlange Arbeit steckt und fangen wieder bei Null an. In der Arbeitswelt würde man dies als gescheitertes Projekt bezeichnen. Der Künstler sieht das Werk nicht als gescheitert an, sondern als ein Finden des richtigen Ansatzes. Er experimentiert oft lange und sammelt Erkenntnisse. In der Wirtschaft heißt es dagegen: Ziele oder KPIs definieren, Investitionen kalkulieren, Rahmenbedingungen festlegen und Prozesse kontrollieren. Eine freie kreativer Herangehensweise ist hier fast unmöglich. Der Künstler und der Kreative legen einfach los, lassen sich inspirieren und die Gedanken fließen. Ein Prozess, der Muße, Ruhe und ruhig fließende Gedanken verlangt. In der freien Wirtschaft und in Organisationen meist undenkbar. Alles ist auf Strukturiertheit, Effektivität und Kontrolliertheit ausgelegt.

Verschiedene Philosophen, Soziologen und andere Wissenschaftler haben sich mit Kunst, dem Künstler und seinem Bezug zum kreativen Schaffen näher beschäftigt. Der Soziologe und Kulturwissenschaftler Andreas Reckwitz sieht Kunst im Kern wie folgt: „Der soziale Prozess der Verfertigung von sinnlichen, semiotischen und emotionalen Reizen für ein Publikum.“ Für ihn sind Kunstschaffende „kreative Produzenten“, die ästhetisch Neues erschaffen. Das unterscheidet sie im Wesentlichen von anderen Menschen und ihrem Tun.

Mit dem Begriff der Genieästhetik umschreibt er das Schaffen der Kunstperson, der gegen bestehende Regeln verstößt und den Rezipienten mit schöpferisch Neuartigem überrascht. „Der Künstler arrangiert Materialien, die vom Rezipienten sinnlich wahrgenommen werden und diesen werden zugleich kulturelle Bedeutung zugeschrieben; sie haben eine Form und einen geistigen Gehalt.“ Der Philosoph und Schriftsteller Denis Diderot wiederum, charakterisiert den Künstler über seine geistigen Werte, seine Imaginationskraft und seelische Regsamkeit. Seine Seele habe die größte Weite, sodass er von allen Dingen Empfindungen erfährt und so an ihnen Anteil nimmt.“ Im Zentrum steht damit das Erschaffen von Neuem, ohne Kontrolle von Außen ohne Regeln und mit Hilfe der eigenen emotionalen Denkweise.

Kreativität ist eine Frage der Haltung

Ist Kreativität nur eine Eigenschaft, die dem Menschen zugeordnet ist aber nicht immer zum vollen Ausdruck kommt? Sind nur Künstler:innen Kreative? Doris Rothauer, Wirtschaftswissenschaftlerin, Kulturmanagerin und Autorin bringt es in einem Interview auf den Punkt: „Kreativität ist eine Frage der Haltung. Ich kann mein Denken einengen oder öffnen, in jeder Hinsicht, in jeder Situation. Wenn ich es öffne, gehe ich mit anderen Augen durch die Welt, kann Dinge und Menschen um mich herum anders sehen und wertschätzen, kann andere, neuartige Zusammenhänge herstellen, auf ganz andere Ideen kommen. Künstler:innen und Kreativschaffende leben uns das vor. Ihr Denken und Handeln ist von Werten geleitet, die es ihnen ermöglichen, ihre ganze Kreativität zu entfalten. Eine Kreativität, die nicht nur aus einer ästhetisch- gestalterischen Kompetenz besteht.“ Damit wird deutlich, dass Menschen selber entscheiden können, wie kreativ sie sein wollen. Aber sie müssen sich der Kreativität öffnen und diese bewusst erfahren und einsetzen, sei es im Privat- oder im Berufsleben.

Der Tagtraum: der kognitive Gegenspieler zur Konzentration

Vor Jahren sagte eine Freundin zu mir: „Du bist ein Träumer“ und meinte dies bewusst negativ. Damals empfand ich die Aussage als einen Vorwurf und eine negative Tatsache, doch schnell wurde mir bewusst, dass ich mit dieser Eigenschaft eher gesegnet bin. Neurowissenschaftler haben herausgefunden, dass Tagträumerei die gleichen Vorgänge auslöst wie Vorstellungsvermögen und Kreativität. Es ist also durchaus nützlich, wenn die Gedanken zerfließen und man in eine Traumwelt wechselt, die eine gewisse Leichtigkeit und Unkontrolliertheit mit sich bringt. „Der Tagtraum ist der kognitive Gegenspieler zur Konzentration!“
heißt es im Buch „Klick! Das Handwerk der Kreativität“ von Bas Kast. Menschen, die viel tagträumen, bei diesen wird das Offline-Netzwerk in der Ruhephase besonders stark aktiviert und Tagträume sind Training für die Phantasie und Kreativitätsübungen.

Kreative Leistung erfordert Zeit

Eine schöpferische Leistung von objektiv hohem Wert ist unmöglich ohne mühsame eingeübte Fähigkeiten und ohne Ansammlung eines gehörigen Wissens- und Erfahrungsschatzes“, so Kast. Selbst berühmte Künstler:innen haben lange geübt, experimentiert und Erfahrung gesammelt, bis sie wirklich einzigartige Werke erschufen. Und mit Künstler:innen sind Maler:innen, Schriftsteller:innen, Musiker:innen und all die anderen Kreativen unserer Welt gemeint. Hans Zimmer als Beispiel: Er war zwar schon früh musikalisch aktiv, aber sein großer Durchbruch kam tatsächlich erst relativ spät im Vergleich zu anderen Komponisten.

Nur wenige Ausnahmen entdeckten durch Zufall früh ihre Begabung, wurden im besten Fall gefördert und erreichten früh ihre Erfolgsphase. An diesen Menschen sich zu orientieren ist der falsche Weg und frustriert mehr als dass es motiviert. Ausprobieren, experimentieren und üben, wenn man etwas entdeckt hat oder etwas nachmachen möchte. So entstehen neue Dinge, neue Ansätze und neue Konzepte. Wer sich mit Muße, Geduld und ungezwungen an das Erschaffen von Songs, das Schreiben von Texten, das Zeichnen oder Malen heranwagt, eine Sache oder ein Problem kreativ angehen will, wird früher oder später damit Erfolge haben. Digitalisierung, das Internet und Künstliche Intelligent bieten hier Möglichkeiten wie das unabhängige Erlernen von Fertigkeiten und Techniken. Man kann zu jeder Zeit und weltweit Inspiration sammeln, von Erfahrenen und ihren Werken lernen und das Experimentieren mit Neuem, mit einfachen Mitteln wagen. Mit Geduld, freier und ungezwungener Herangehensweise, Muße und einem Blick auf die Werke von Meistern gelingt der erste Schritt zu mehr Kreativität.

Was ist Inspiration

Laut dem Lexikon der Psychologie von Spektrum beschreibt Inspiration einen Zustand erhöhter seelischer oder körperlicher Leistungsfähigkeit. Aus psychoanalytischer Sicht handelt es sich dabei um eine Regression im Dienste des Ichs – das bedeutet, dass wir in einen inneren Zustand zurückkehren, in dem die kindlich-kreative Haltung wieder zugänglich wird, allerdings im Rahmen unserer erwachsenen Persönlichkeit. Es ist wie ein kontrolliertes Loslassen, das kreative Impulse freisetzt. Wer seine Kreativität formen will, braucht Inspiration. Musik, Film, Bücher, bildende Kunst oder andere Quellen – von denen Inspiration einholen, die Übung und Erfahrung haben. Und Inspiration in Kombination mit Experimentiertheit, hier gibt es ein großartiges Beispiel: Compost Collaps ist ein Perkussionist und sein CC-220L, ein selbstgebautes, 100% recyceltes Perkussionsinstrument, ein Haufen Müll, der die Tanzflächen aufheizt, angetrieben von einer übergeordneten Motivation: dem Wunsch, dass Elektromusik ohne Strom, Techno ohne Hightech, Rave-Partys ohne Benzin existieren und überleben kann… 2 Dosen, 8 Rohre, ein paar Metallteile, etwas Schweiß… Und schon geht’s los! Er braucht keine Software, keine Synthesizer, keinen Drumcomputer, keinen Strom, sondern nutzt das, was andere wegwerfen. Mit den Worten des Künstlers Jean-Michel Basquiat: „Ich habe nie eine Kunstakademie besucht, sondern ich habe nur hingeschaut.

Kreativität – komplex, menschlich und doch kaum erforscht

Der Begriff Kreativität hat seinen Ursprung in der Kunst. Nur Künstler waren Menschen, die etwas Neues erschufen. Die schöpferische Leistung war das, was für andere Menschen als unerreichbar galt. Genau dieser Aspekt hat sich im Laufe der Zeit geändert. Die Kunst hat heute einen anderen Fokus, richtet sich an mehr Menschen und verbreitet sich über unterschiedlichste Kanäle und Medien schnell und vielfältig. Neue Medien, neue Materialien, neue Bereiche und mehr Freiheiten lassen kreative Konzepte, Ideen und Werke auf der ganzen Welt entstehen.

Andreas Reckwitz Soziologe und Kulturwissenschaftler befasst sich in seinem Buch „Die Erfindung der Kreativität“ mit der Eigenschaft in spätmodernen Zeiten und analysiert dabei die Gesellschaft, die Kreativität in ihr Zentrum gestellt hat. Der Begriff und sein Kern meint: „Kreativität bevorzugt das Neue gegenüber dem Alten, das Abweichende gegenüber dem Standard, das Andere gegenüber dem Gleichen.“ Kreativität ist das Hervorbringen von Neuem. Wer kreativ sein will, sollte sich am Künstler orientieren, denn der Künstler oder „Kreateur“ wie ihn Reckwitz nennt, erschafft das Neue, dem der Rezipient, also der Empfänger Aufmerksamkeit schenkt. „Rezipient, Konsument und Publikum stehen dem Objekt oder dem Werk in seiner Haltung der ästhetischen und sinnlichen Wahrnehmung und emotionalen Erregbarkeit gegenüber.“ Stehen wir vor einem Bild oder sehen wir ein Foto, reagieren wir, emotional mit Nachwirkungen oder mit einer Reaktion. Werden Informationen an uns übermittelt, so kann dies sachlich neutral, symbolisch, sinnlich oder emotional erfolgen. Ein Aspekt, der heute wie früher durch den Informationsübermittler und das gewählte Medium auf den Rezipienten wirkt. Nur, dass heute mehr Medien und Kanäle zur Verfügung stehen. Kreativität nimmt heute einen enormen Stellenwert ein, denn nur Bild, Text und Ton, die dem Rezipienten positiv oder negativ auffallen, erreichen ihr Ziel.

Ästhetik als Bestandteil der Kreativität

Wenn wir heute von Ästhetik sprechen, geht es meist um Worte wie schön, ansprechend oder geschmackvoll. Dabei sind in erster Linie unser persönliches Empfinden, unsere Wahrnehmung und unser daraus resultierender persönlicher Geschmack ausschlaggebend dafür, ob wir etwas als ästhetisch betrachten. So betrachtet beeinflusst der Künstler oder auch der Designer unser Gefühl für Ästhetik durch sein Schaffen. „Nicht die technische Innovation des Erfinders, sondern die ästhetische Kreation des Künstlers liefert am Ende das soziale Modell für Kreativität“ so die Aussage von Reckwitz. Der Künstler, seine Kreativität und sein Schaffen tragen zur Ästhetisierung unserer Gesellschaft bei. Das heißt, dass der Künstler, sein Tun, seine Haltung und seine Eigenschaft an andere Menschen übergeben werden. In der Ästhetik sieht Reckwitz die Basis dessen, was den Begriff Kreativität ausmacht. Ästhetik bezieht sich auf die sinnliche Wahrnehmung des Menschen und damit auf die wichtigste Komponente der beeinflussbaren Eigenschaft des Menschen.

In unserer Gesellschaft hat sich Kreativität im Laufe der Jahre in verschiedenste Bereiche eingeordnet, seien es Werbung, Film, Produkt- oder Konzeptentwicklung. Hinzugekommen sind die Möglichkeiten für den Einzelnen, der kreativ sein und sich ausleben will. So stehen das Streben nach Originalität, Individualisierung und damit die Formung des Individuums, des „Ichs“ für den Einzelnen im Fokus. Wir wollen uns unterscheiden, einzigartig sein und es allen mitteilen. Doch wir nutzen zu wenig unsere persönliche Kreativität, profitieren nicht von ihren Möglichkeiten für unser Leben und vergeuden unser eigenes Potential. Ein Potential, das gesellschaftlich, beruflich und privat enormen Nutzen haben kann. Gerade heute stehen uns Unmengen an Werkzeugen und Ressourcen zur Verfügung, um Dinge auszuprobieren. Musste man früher Kurse besuchen, um Zeichnen oder ein Musikinstrument zu lernen, findet man heute unzählige teils kostenlose Videos.

Kreativität aus Blickwinkel der Neurowissenschaft

Obwohl bereits große Teile des Gehirns erforscht sind, liegen die Funktionsweisen unzähliger Vorgänge noch im Dunkeln – vor allem jene, die keiner konkreten Region im Gehirn zugeschrieben werden können. Dazu gehört auch die Kreativität. Eine Studie hat sich mit der Frage beschäftigt, wie Kreativität im Hirn entsteht und wie sie gefördert werden kann. Denn obwohl sie bislang keiner Hirnregion richtig zugeordnet werden kann, gibt es trotzdem Hinweise darauf, dass einige Regionen bei ihrer Entstehung eine wichtigere Rolle spielen als andere. In der Studie wird das sogenannte Default Mode Network (DMN) betrachtet. Das DMN ist ein Netzwerk, das im Gehirn für Gedankenabläufe zuständig ist, die unabhängig von konkreten Handlungen oder Aufgaben im Ruhezustand stattfinden. „Im Gegensatz zu den meisten Funktionen, die wir im Gehirn haben, ist das DMN nicht zielgerichtet“, sagt Ben Shofty, Neurochirurg und Hauptautor der Studie. „Es ist ein Netzwerk, das im Grunde die ganze Zeit über funktioniert und unseren spontanen Bewusstseinsstrom aufrechterhält.“ Das DMN ist bei der Meditation, beim Tagträumen und anderen nach innen gerichteten Denkweisen aktiv und im Gehirn über mehrere Regionen hinweg verteilt.

Erste Ansätze zum Optimieren der Kreativität gibt es bereits. Eine Studie aus dem Jahr 2020 hat beispielsweise die Verbindung zwischen Achtsamkeitsübungen und Kreativität untersucht. Dabei fanden die Autor:innen heraus, dass das regelmäßige Ausüben von sogenannten „mind-wandering activities“, bei denen durch Brainstorming neue Ideen entwickelt werden, die Kreativität steigert. Zu diesen Aktivitäten gehört unter anderen die Meditation. „Bewusstes Umherschweifen der Gedanken kann zu neuen Ideen oder neuen Verbindungen anregen“, heißt es in der Studie. Fördern kann man Kreativität somit vermutlich genau durch das Üben jener Aktivitäten, für die das DMN verantwortlich ist.

Aus neurobiologischen Beiträgen lässt sich eine einfache Definition des alltäglichen kreativen Prozesses ableiten: er besteht in einer dynamischen „Neuformierung von Informationen“. Psychologisch hängt dieser Prozess von folgenden Grundbedingungen ab: Begabung, Wissen, Motivation, Persönlichkeit, Umgebung. Nach Sternberg wird Kreativität begünstigt von dem Wunsch, kreativ zu sein, und dem Willen, eine kreative Einstellung anzunehmen. Neurobiologisch lässt sich zeigen, dass eine diesbezügliche Entscheidung tatsächlich die neuronale Aktivierung erhöht. Die Entscheidung zur Kreativität ist allerdings mit motivationalen Faktoren wie spielerischer Neugier, intrinsischem Interesse und streben nach Anerkennung korreliert.

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Kreativität ist mehr als nur die Fähigkeit, Neues zu erschaffen – sie ist ein wesentlicher Ausdruck des Menschseins. Sie verbindet Intuition mit Intellekt, Emotion mit Reflexion, und öffnet Räume für Wandel und Wachstum. Ob in der Kunst, im Alltag oder im Beruf: Unsere kreative Kraft erlaubt es uns, die Welt nicht nur zu interpretieren, sondern aktiv zu gestalten. In einer Zeit des rasanten Wandels ist Kreativität daher keine bloße Option, sondern eine Schlüsselkompetenz für die Zukunft – und zugleich eine tiefe, menschliche Ressource, die es zu pflegen gilt.


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