Graffiti Stencils auf Papier
In den letzten Monaten habe ich viel Zeit damit verbracht komplexe Schablonen bzw. Stencils zu anzufertigen, die als Basis dienten, um abstrakte Strukturen und Objekte auf Papier oder Leinwand zu übertragen. Für den Laien: Ich habe mit einem Grafikmesser Flächen ausgeschnitten, die ich durch die Kombination aus Objekten und Strukturen erzeugt habe.
Stencil als Schablonentechnik und Bestandteil der Street Art
Stencil (englisch für Schablone) als Technik ist aus der Graffiti-Szene bekannt, u.a. auch durch den Street Art Künstler Banksy. Allerdings wurde die Technik nicht von der Graffiti-Szene erfunden, sondern schon in den 20er und 30er Jahren eigensetzt, um Farben aufzutragen. Reguläre Druckverfahren lieferten oft schlechte Ergebnisse, wenn flächige Schriften erzeugt werden sollten. Die Punkszene hat die Technik dann für sich entdeckt und aktiv angewendet, da man schnell und einfach seine Botschaft auf Wände oder andere Flächen auftragen konnte.
Beim Stencil werden die offenen Flächen, die Farbe durchlassen, „Islands“ genannt, die anderen Flächen „Bridges“. Für den Farbauftrag kann man Sprühfarben nutzen aber auch Farbrollen oder andere Methoden für den Farbauftrag.
Stencil Kunst: Inspiriert durch Silhouetten, Netzstrumpfhosen und Straßenmarkierungen
Irgendwann haben ich angefangen mit Netzstrumpfhosen zu experimentiert und deren Strukturen auf Holz übertragen. Das Spannen der Netzstrumpfhosen hat aber im ersten Schritt kein gutes Ergebniss geliefert, sodass ein Zwischenschritt hinzukam. Das Scannen einer gespannten Netzstrumpfhose und das anschließende Vektorisieren gab mir die Möglichkeit, die Flächen zu optimieren und sichtbarer zu machen.
Diese Flächen wurden dann mit Silhouetten kombiniert, sodass neue Objekte enstanden. Dann folgte der Schritt des Ausschneidens für die Schablone: Unzählige Arbeitsstunden und viele Grafikmesserklingen waren nötig, um die Stencil Kunst zu erschaffen, die ich als Serie Ghosts and Shadows bezeichne.
Scherenschnitt-Kunst
Durch die Vektorisierung werden die Schatten und Flächen reduziert und somit gestört. Von der Person ist nichts mehr zu erkennen. Dann wird die Netzstruktur hinzugefügt und die Basis angepasst. Schließlich erfolgt das Ausschneiden mit dem Grafikmesser.
XXL Graffiti Stencil
Die Finger tun weh, es ist kalt und ich habe noch nicht einmal ein Fünftel aller schwarzen Flächen ausgeschnitten. Das Papier ist ein schweres Acrylpapier und entsprechend hart, so dass die Cutterklingen schnell verschleißen. Ohne impulsive elektronische Beats auf den Ohren würde ich es nicht lange aushalten. Aber irgendwie ist die dunkle kalte Halle der Schaumburg Bonn der ideale Ort für diese Art von Kunstwerken und unterstreicht den Prozess, der mir inzwischen wie ein Kampf vorkommt. Ich schaltete völlig ab und vergaß alles um mich herum. Da ich nicht ständig an der Schablone gearbeitet habe, vergingen Tage, Wochen, Monate.
Erst ein halbes Jahr später war sie fertig und die riesige Graffiti-Schablone war bereit für den Farbauftrag. Ich kann nicht sagen, wie lange ich am Ende gebraucht habe, um alle schwarzen Schichten auszuschneiden. Dann kamen Graffiti und Acrylfarbe zum Einsatz und der Moment der Wahrheit folgte. Wenn man die Schablone abhebt, kann man sehen, ob die visuelle Idee dem entspricht, was man auf dem Papier sieht. 3D- und Schwarzlichteffekt in einem Kunstwerk.