Medizinische Spritzen als grafisches Werkzeug für den Farbauftrag
Dotting als Illustrationstechnik habe ich 2015 entwickelt. Was als Idee angefangen hatte, ist auf Basis von ersten Arbeiten und Studien heute zu einem perfektionsorientierten Prozess geworden. Insbesondere drei Dinge erfordert die Technik Dotting: Geduld, Feingefühl und innere Ruhe.
Das besondere an Dotting ist das künstlerische Werkzeug, das zum Einsatz kommt. Medizinische Spritzen dienen dem präzisen und kontrollierten Farbauftrag der Aquarellfarbe, sodass ornamentartige und mit minimalen Farbübergängen versehene Bildkompositionen entstehen. Keines der Ornamentelemente darf ein anderes berühren. Bewusste Weißflächen des Papiers bilden die Grenzen der Elemente zueinander.
Mit der Auswahl des Objekts beginnen die Skizzierung und das Finden einer für das Dotting optimalen Struktur. Diese Struktur ist der Anteil jeder Arbeit, der das Gesamtbild und das Wirken des durch das Dotting erzeugten visuellen Effekts ausmacht. Stimmt die Struktur nicht, wirkt die gesamte Bildkomposition unausgeglichen und unsymmetrisch.
Jede Arbeit erfordert daher ein Auseinandersetzen mit der Grundform des Objekts. Wie ist das Objekt aufgebaut, wo sind Flächen, wo sind Kanten, wo sind Achsen? Was kann erweitert und was verändert werden, um das Surreale zu unterstreichen? Oft kommen daher unterschiedliche Bildansichten eines Objekts zum Einsatz, werden kombiniert mit Elementen anderer Objekte, sodass sich ein stetiges sich Wegbewegen von der realen Darstellung vollzieht. Schnelle Striche lassen im nächsten Schritt Strukturelemente entstehen, die stetig erweitert werden, bis eine erste mögliche Gesamtstruktur vorliegt. Dann folgt der Schritt des Farbauftrags und der Verarbeitung der nassen Farbe, sodass eine erste Version entsteht. Durch diese erste Version können mögliche Fehlstrukturen erfasst werden, die in der zweiten oder auch dritten Version angepasst und optimiert werden, bis eine erste finale Version vorliegt. Die finale Version entspricht dem Optimum meiner Vorstellung in Bezug auf das gewählte Objekt.
In den Dotting-Arbeiten geht es weniger um das Objekt an sich, sondern um den Schaffensprozess in seinen Einzelschritten. Von den Anfangsskizzen, über erste Studien, die Komposition aus Elementen, die Farbwahl und die finale fast meditative und konzentrationsfordernde Umsetzung mit Hilfe der mit Aquarellfarbe gefüllten medizinischen Spritzen. Der Betrachter soll den Prozess visuell wahrnehmen können.
Zeit ist stets der Faktor, der für jede Arbeit ausschlaggebend ist. Beginnt der Prozess des Farbauftrags, entscheiden Geduld und innere Ruhe über ein erfolgreiches finales Ergebnis. Schon der kleinste Unruhezustand oder ein verfrühtes Interagieren mit bestimmten Bereichen kann im schlimmsten Fall die Arbeit von Stunden zunichte machen. Die Technik des Dottings verlangt ein langsames, achtsames und bewusstes Arbeiten. Der Faktor Zeit wird zum Kernelement der kreativen Arbeit.
Dotting als Technik befindet sich weiterhin in einem Entstehungsprozess. Ziel ist es, die Technik maximal zu optimieren und zu erweitern. Neue Formen, neue Strukturen und das Arbeiten mit anderen Farben. Großformate und das Arbeiten auf Leinwand und damit auf großen Flächen. Die Herausforderung besteht darin, die Strukturmöglichkeiten auf große Flächen zu übertragen, andere Farbarten wie Acryl zielführend einzusetzen und eine entsprechende Wirkung zu erzielen. Der Farbauftrag bleibt gleich aber die Dots werden größer, verhalten sich auf dem Untergrund anders und erzeugen eine eigene optische Wirkung je nach Farbart und Untergrund.
Alle Dotting-Arbeiten unter dem Link Dotting
2 Kommentare